Am 15. August, kurz vor dem Fall Kabuls, konnte er die Stadt verlassen und gelangte über Istanbul in die Niederlande, wo er jetzt als Flüchtling lebt. Der 40-jährige Massud Hosseini, ein 2012 mit dem Pulitzer Prize ausgezeichneter Pressefotograf, hatte für «Associated Press» (AP) gearbeitet. Die Machtübernahme der Taliban bedeutete für ihn eine akute persönliche Lebensgefahr. Nun sitzt er in Holland mit nichts als einem Koffer, seiner Kamera und einem Laptop.
In seiner Videobotschaft schildert Hosseini seine Flucht und spricht von der Angst um zurückgebliebene Familienmitglieder und Freunde. Einer von ihnen, so hat er erfahren, will sich selbst umbringen, bevor er den Taliban in die Hände fällt und – wie er annehmen muss – zu Tode gefoltert wird.
Dies, so Massud Hosseini, sei das Resultat der Billionen von Dollars, die der Westen in sein Land gesteckt hat. Die USA, die EU und weitere Länder seien vor zwanzig Jahren nach Afghanistan gekommen mit dem Anspruch, Redefreiheit und Menschenrechte zu bringen. Eine Generation sei nun mit diesen Werten aufgewachsen – und da ziehe sich der Westen zurück und schleiche sich aus der Verantwortung.
In dieser Periode sei in Afghanistan nicht, wie versprochen, ein Staat aufgebaut, sondern eine Hölle angerichtet worden. Daran seien die Afghanen wegen ihrer Dummheit vielleicht zur Hälfte schuld; der Rest, so Hosseini, gehe auf das Konto des Westens.
Deshalb solle dieser sich jetzt auf Millionen von Flüchtlingen einstellen: «Die Generation, die grossgeworden ist mit Internet, mit Freiheit und modernem Leben, kann nicht unter dem Joch der Taliban leben.» Der Westen habe dies anzuerkennen. Für Massud Hosseini ist klar: «Ihr Westler habt uns diese Rechte beigebracht; nun müsst ihr akzeptieren, dass wir sie beanspruchen.»
Der Artikel von «Médiapart» findet sich hier.