Donald Trump weiss, was Iraner denken. „Sie haben jeden Respekt vor uns verloren, weil sie nicht glauben können, dass jemand so stupid sein kann, einen solchen Deal zu machen“, erklärte er vergangene Woche in einem Interview des Fernsehsenders Fox News hinsichtlich des Atomabkommens. Und dann wiederholte Trump einen seiner alternativen Fakten: „Wir gaben dem Iran 1,7 Millionen Dollar in bar, was unerhört ist, und wir erhielten eigentlich nichts als Gegenleistung.“
Bei den angeblich 1,7 Milliarden Dollar handelt es sich aber nicht um ein Geschenk der USA, sondern um die im Nuklearabkommen mit Teheran vorgesehene Freigabe eingefrorener iranischer Guthaben. Doch von Fakten lässt sich Trump nicht seine Tendenz kaputtmachen. „Ich glaube, es war der am schlechtesten ausgehandelte Deal, den ich je gesehen habe“, fügte er hinzu.
Russland indirekt als Stümper gebrandmarkt
Das im Juli 2015 in Wien fertig gestellte Nuklearabkommen mit dem Iran war kein Alleingang der USA. Auch Russland, China, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland waren daran massgeblich beteiligt. Die Regierungen dieser Staaten hören es sicher nicht gern, vom frischgebackenen US-Präsidenten als Stümper auf dem internationalen Parkett hingestellt zu werden.
Die zwölf Jahre dauernden Verhandlungen waren äusserst mühsam. Mit ihren ständigen Lügen und Kehrtwendungen trieben die iranischen Unterhändler ihre Gesprächspartner an den Rand des Wahnsinns. Erst als der gemässigte Politiker und erste iranische Chefdelegierte bei den Nukleargesprächen, Hassan Rohani, 2013 zum Präsidenten der Islamischen Republik gewählt wurde, änderte sich der Ton.
Das Machbare reicht ihnen nicht
Das Hauptergebnis der Nuklearverhandlungen besteht darin, dass der Iran in den nächsten 15 bis 25 Jahren keine Atomwaffen bauen kann. Die einzelnen Abkommen haben unterschiedliche Laufzeiten. Die Zentrifugen zur Anreicherung von Uran wurden drastisch reduziert, so dass sie nur mehr leicht angereicherten Kernbrennstoff für Atomkraftwerke erzeugen können. Die Bestände an mittel angereichertem Uran wurden verdünnt oder zu einem für Atomwaffen unbrauchbaren Oxyd umgewandelt. Ein Reaktor und eine Fabrik von schwerem Wasser, mit denen Plutonium produziert werden konnte, wurden umgebaut. Ständig überwacht werden diese Abkommen mit ausgefeilten technischen Mitteln von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien.
Den Gegnern des Atomdeals, die fast ausschliesslich in den USA, in Iran und in Israel sitzen, reicht aber das Machbare nicht. Sie ziehen die Konfrontation vor, von der sie sich mehr politischen Gewinn versprechen. Festgebissen haben sie sich jetzt an der Frage der Raketen.
Berechtigte Kritik an den Raketentests
Iran ist Mitglied des Atomwaffensperrvertrags (NPT) von 1970. Darin wird allen Staaten, die sich zum Verzicht auf Atomwaffen verpflichten, das Recht auf die friedliche Nutzung der Atomenergie garantiert. In erste Linie geht es dabei um Atomkraftwerke.
Der Bau von Lenkflugkörpern ist ebenfalls erlaubt, sofern sie keine nuklearen Sprengköpfe tragen. Mit ballistischen Raketen werden Wetter- oder Fernmeldesatelliten auf Erdumlaufbahn geschossen. Alle modernen Armeen der Welt verfügen über Raketen meist geringer Reichweiten. Problematisch wird es bei Mittel- und Langstrecken, die mehrere tausend Kilometer weit fliegen. Solche sündhaft teuren Geschosse bloss mit herkömmlichen Bomben zu bestücken, ergibt keinen militärischen Sinn. Die Kritik an den iranischen Raketentests ist daher berechtigt.
„Keine Verletzung der Uno-Resolution“
Iran besitzt einen Raketentyp, genannt Qadr-F, mit einer Reichweite von 2000 Kilometern. Die am 29. Januar im den Bergen Nordirans getestete Rakete transportierte laut der US-Delegation bei der Genfer Abrüstungskonferenz eine Traglast von 500 Kilo über 300 Kilometer. Damit ruderten die Amerikaner von früheren alarmierenden Angaben zurück.
Der Weltsicherheitsrat hat Iran bereits vergangenes Jahr in einer Resolution aufgefordert, „keine ballistischen Raketen zu entwickeln oder zu testen, die Atomsprengköpfe tragen können“. Die Iraner antworteten darauf, dass sie keine solchen Raketen besässen. Laut Rechtsexperten stellt das iranische Vorgehen „keine Verletzung der Uno-Resolution dar, steht aber im Widerspruch zu deren Zielen“.
In Iran stehen am 19. Mai Präsidentschaftswahlen an. Rohani tritt erneut an. Seine Gegner beschuldigen ihn, „naiv“ zu sein und bei den Atomverhandlungen zu viele Zugeständnisse gemacht zu haben. Der militärisch-industrielle Komplex des Landes fürchtet um seine Macht. Objektiv ist Trump ein Verbündeter der Scharfmacher in Teheran.