Die Islamische Republik Iran (IRI) hat den Austritt der USA aus dem Atom-Abkommen, dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) nach anfänglichem Zögern zum Anlass genommen, ihr Atom-Programm zu forcieren, um dessen inhärentes Drohpotenzial nutzen zu können. Wie weit ist sie damit gekommen?
Dieser Text analysiert in zwei Teilen zunächst die politische Einordnung des Fortganges der Atomverhandlungen mit dem Iran seit der einseitigen Aufkündigung des JCPOA durch die USA, dann den aktuellen Stand des iranischen Nuklearprogramms (NP) und liefert am Ende ein kurzes Fazit.
Der Stand der Verhandlungen
Der Abschluss des JCPOA im Jahr 2015 war eine zentrale Errungenschaft der Regierung unter dem iranischen Staatspräsidenten Hassan Rouhani. Das dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass die Islamische Republik Iran (IRI) nach dem Ausstieg der USA aus dem Abkommen im Mai 2018 unter Präsident Donald Trump mit Gegenreaktionen zunächst abgewartet hat: Rouhani wollte nicht leichtfertig sein Verdienst aufs Spiel setzen.
Mit dem sich anbahnenden Wechsel von Trump zum neuen Präsidenten Joe Biden und der Ankündigung eines möglichen Deals mit der IRI führten die Hardliner in Teheran einen Parlamentsbeschluss mit der Bezeichnung «Strategische Massnahmen zur Aufhebung der Sanktionen und zur Protektion der Rechte der iranischen Nation» herbei, der die Regierung Rouhani nötigte, Gegenmassnahmen einzuleiten. Der Beschluss vom Dezember 2020 bestand darin, die Verpflichtungen der Islamischen Republik aus dem Abkommen graduell zurückzufahren. Er forderte:
- eine jährliche Produktion von 120 kg Uranium mit 20 Prozent Anreicherungsgrad und höher.
- Die Anreicherungskapazität sollte auf 190’000 SWU (Separation Work Unit) erhöht werden mit mindestens 500 kg angereichertem Uranium monatlich.
- Die Produktionsstätte zur Herstellung von metallischem Uran in Isfahan sollte in Betrieb genommen werden.
- Der Bau des 40-MW-Schwerwasser-Reaktors von Arak sollte vorangetrieben werden.
- Die Anwendung des Zusatzprotokolls zum Atomsperrvertrag NPT sollte gestoppt werden.
- Zentrifugen der entwickelten Generationen sollten in Dienst gestellt werden.
- Verantwortliche, die sich nicht an diesen Beschluss halten, sollten bestraft werden.
Zentrifugen sind Maschinen, mit denen man aus natürlichem Uran mit einem Uran235-Anteil von 0,7 Prozent sukzessive auf höhere Anteile kommt. Sie arbeiten seriell und sind in Gruppen, genannt Kaskaden, organisiert. Dazu braucht man Uran in Gasform, realisiert durch das Uranium Hexafluorid (UF6).
Atombombenbau als Drohmittel
Vieles deutet daraufhin, dass das IRI-Regime den Austritt der USA aus dem JCPOA als willkommenen Anlass ansah, das Nuklearprogramm, im Wesentlichen die Uran-Anreicherung, beschleunigt voranzutreiben (siehe Textteil 2). Die Absicht dahinter war ambivalent: näher an die Atombombe zu rücken, um sie bei einer tatsächlichen oder ersehnten Gelegenheit herzustellen, oder dieses Szenario bloss als Mittel der Drohung oder gar Erpressung einzusetzen. In jedem Fall ging es darum, zu demonstrieren: Wir können es, und wir tun auch etwas dafür.
Um dieser Drohgebärde Nachdruck zu verleihen, erklärten damals hochrangige Würdenträger des Regimes – darunter etwa Kamal Kharazi, der ehemalige Aussenminister und jetzige Berater von Ali Khamenei –, dass das Regime in der Lage sei, eine Atombombe zu bauen, wenn es bloss wollte: Aber nein, der Islam verböte es!
Um den Parlamentsbeschluss vom Dezember 2020 umzusetzen, musste die IRI gegen die Regelungen der JCPOA verstoßen. Als rechtliche Grundlage dafür diente Paragraf 26 des Abkommens, der Gegenmassnahmen zulässt; eine Regelung, die von Paragraf 37 wieder relativiert wird. Denn der weist auf einen Schlichtungsmechanismus hin, der einen Konflikt letztlich vor den UN-Sicherheitsrat bringen kann, mit dem unweigerlichen Resultat des sogenannten Snap-backs. Dieses beinhaltet, dass alle Sanktionen, die die Uno vor dem Abkommen gegen den Iran verhängt hat und die danach lediglich suspendiert worden waren, reaktiviert werden könnten.
Das Regime hat sich – wohl wissend, dass der Westen gegenwärtig nicht gewillt und imstande ist, im Mittleren Osten einen kriegerischen Konflikt vom Zaun zu brechen – ermuntert gefühlt, nicht nur die Regelungen des JCPOA ausser Acht zu lassen, sondern weit darüber hinaus in Richtung einer sogenannten Schwellen-Nuklearmacht zu galoppieren. Das Resultat war, dass die Regierung von Präsident Raisi die Ergebnisse der Verhandlungen der Vorgängerregierung von Rouhani mit den nunmehr 4+1-Mächten (China, Russland, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland unter Federführung der EU) plus den USA als indirekt Beteiligten verwarf. Erst nach einer etwa sechsmonatigen Unterbrechung nahm die neue Administration wieder Verhandlungen auf.
Zurück an den Verhandlungstisch
Es waren einerseits das inzwischen gestiegene Drohpotenzial und andererseits die miserable Wirtschaft im Iran – verschärft durch die Sanktionen –, die das IRI-Regime an den Verhandlungstisch zurückbrachten. Doch seine Abgesandten, teils rabiate Gegner des Atomabkommens, kamen mit hohen, zum Teil unrealisierbaren Forderungen. Diese waren dreierlei Art:
- die verifizierbare Aufhebung der ökonomischen Sanktionen,
- die Aufhebung der auf Personen oder Institutionen bezogenen Sanktionen, die u. a. wegen der Verletzung der Menschenrechte oder der Förderung des Terrorismus verhängt worden waren und
- eine langfristige Garantie für die Einhaltung der Vereinbarungen durch künftige US-Präsidenten.
Die Biden-Administration hat von Anfang an kundgetan, dass sie gewillt sei, das Atomabkommen zu revitalisieren. Biden wollte jedoch in diesem Zuge auch die Regionalpolitik der IRI sowie ihr ballistisches Raketenprogramm thematisieren – ein Unterfangen, das später zunächst fallengelassen wurde. Forderungen der IRI, wie etwa die Streichung der Revolutionsgarden von der Terrorliste der USA und eine regierungsübergreifende Garantie zur Einhaltung der Vereinbarungen, konnten beim besten Willen nicht von Biden übernommen werden, da sie Entscheidungen des US-Kongresses oder künftiger Präsidenten vorbehalten sind.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine
Dennoch schienen die Gespräche weit gediehen und eine Einigung in Sicht, als Russland den Krieg gegen die Ukraine begann. Russlands Aussenminister Lawrow nahm die westlichen Sanktionen gegen sein Land zum Anlass, den Abschluss der Nuklearvereinbarung zu torpedieren. Die IRI hätte sich über die Vorbehalte Russlands hinwegsetzen können, wenn sie sich nicht unter anderem durch politische und militärische Unterstützung des Krieges gegen die Ukraine in russische Abhängigkeit begeben hätte. Danach war für etwa acht Monate Funkstille an der Verhandlungsfront. Währenddessen arbeitete die IRI emsig an der Weiterentwicklung ihres Anreicherungsprogramms.
Die Frau-Leben-Freiheit-Bewegung
Die landesweite Erhebung Frau-Leben-Freiheit der iranischen Bevölkerung nach dem gewaltsamen Tod der jungen Mahsa Jina Amini im September 2022 erschütterte das Fundament der islamischen Herrschaft im Iran. Das Regime verlor seine ohnehin bereits durch Ineffizienz, Korruption, Misswirtschaft und Unterdrückung angeknackste Legitimität durch die brutale Verfolgung und Ermordung der Protestierenden vollends und unwiederbringlich – und büsste auch im demokratischen Ausland massiv an Legitimität ein. Um die Vertiefung der Risse im eigenen Machtapparat und das beginnende Ausfransen des Regimes zu stoppen, suchte es Zuflucht im Ausland. Dazu war es unerlässlich, vor allem gegenüber der eigenen Klientel zu demonstrieren, dass es im Westen noch als Partner akzeptiert ist.
Unter Verhandlungsdruck
Das beste Mittel dazu war einerseits, das nukleare Drohpotenzial zu steigern, und anderseits mit aller Kraft Verhandlungen mit dem Westen zu suchen – die ökonomische Misere ist dabei nach wie vor ein Faktor. Eine Verhandlung auf offener Bühne mit Vertretern der Grossmächte des UN-Sicherheitsrats wäre ein ideales Vehikel, die verlorene Legitimität im Ausland wiederherzustellen.
Kein Wunder, dass das Regime plötzlich bereit war, so ziemlich alle Forderungen, die es vor der Unterbrechung der Verhandlungen erhoben hatte, fallen zu lassen. Nach einigen sporadischen Kontaktaufnahmen mit den EU-Aussenpolitik-Beauftragten gelang es der IRI schliesslich, erst in geheimen, später in offenen indirekten Gesprächen mit den USA in Oman ihr Etappenziel zu erreichen.
Durch das massive Vorantreiben des Nuklearprogramms wäre eine Einigung in Richtung JCPOA, wenn überhaupt, dann nicht in greifbarer Nähe. Daher hat man sich auf den Austausch der faktisch als Geiseln genommenen westlichen Bürgerinnen und Bürger, meist Doppelstaatler, gegen Legitimation, Geld und die eigenen in den westlichen Ländern verurteilten Terroristen oder Sanktionsbrecher geeinigt. Es war unter anderem der Aufbau einer nuklearen Drohkulisse seitens der IRI, der die westlichen Regierungen veranlasste, ungeachtet einer beispiellosen Solidarität der öffentlichen Meinung mit der Frau-Leben-Freiheit-Erhebung in ihren Ländern zu ihrer «bewährten» Beschwichtigungspolitik gegenüber der IRI zurückzukehren und faktisch deren Politik der Geiselnahmen zu legalisieren.
- IRI-Massnahmen in Missachtung der Verpflichtungen
Vier problematische Orte
Die IRI hat sich in den vergangenen fünf Jahren nicht bereit erklärt, Fragen zu vier nicht-deklarierten Orten, an denen Spuren anthropogener Uranpartikel oder sonstige Aktivitäten entdeckt wurden, befriedigend zu beantworten. Das Problem wurde für zwei der Orte einstweilen gelöst, aber für die zwei Orte Torqouzabad und Waramin noch nicht.
Die Fragen gingen zum Teil zurück auf nicht-deklariere Orte, an denen vor etwa zwanzig Jahren vermutlich nukleare Aktivitäten stattgefunden haben, wo aber inzwischen die Gebäude und sonstige eventuelle Spuren beseitigt wurden. Es wird gemutmasst, dass die IRI in diesen Einrichtungen Experimente zur Entwicklung einer Kernwaffe durchgeführt hat. Dieses in der Vergangenheit liegende Thema hat insoweit wieder an Aktualität gewonnen, als das Regime der IRI mit der Entfesselung der Anreicherung bis zur Schwelle des waffenfähigen Urans bei betreffenden Institutionen und Ländern Besorgnis erregt. Sie möchten wissen, wie weit das iranische Nuklearprogramm über die Urananreicherung hinaus in Richtung des Bombenbaus gediehen war.
Verminderung der Transparenz
Die IRI hat nach der offiziellen Kündigung des Zusatzprotokolls im Februar 2021 sukzessiv auch ihre Verpflichtungen reduziert: Das sind das Nicht-Einhalten der Erfordernisse des modifizierten Code C3.1 der Zusatzvereinbarung zum CSA. Der ursprüngliche Text C3.1 besagte, dass die Länder verpflichtet sind, die IAEA 180 Tage vor dem Einführen des Nuklearmaterials in die Nuklearanlagen zu benachrichtigen. Aber der modifizierte Code C3.1 besagt, dass die Mitgliedsstaaten die IAEA bereits bei der Planung eines Nuklearprojektes umgehend davon in Kenntnis setzen müssen. Die IRI hat dies eine Zeit lang angewendet. Sie kombiniert es allerdings mit dem JCPOA und will jetzt, wo sie sich nicht mehr an den JCPOA gebunden fühlt, auch die Regelungen des Codes C3.1 nicht mehr beachten. Sie wendet diese Regelungen aber in der Praxis stillschweigend an. Kurzum, es gibt in diesem Fall divergierende juristische Interpretationen zwischen der IAEA und der IRI.
Ein weiterer von der IRI unternommener Schritt gegen die Transparenz ist die Behinderung der Inspektoren. Diese gipfelte zuletzt in der Verweigerung von Visa für mehrere besonders kompetente Experten der IAEA, die aus westlichen Ländern stammen – ein Sachverhalt, der in dem Bericht von IAEA-Generalsekretär Rafael Grossi vom November 2023 mit ungewöhnlich scharfen Worten verurteilt wird. Grossi macht sich Sorgen, dass unter diesen Umständen die Transparenz der nuklearen Aktivitäten der IRI stark beeinträchtigt werden könnte. Möglicherweise ist es der Beweggrund für seine kürzlich ausgesprochene Warnung, die IRI könnte einen ähnlichen Weg beschreiten wie Nordkorea vor einigen Jahren. Diese Diktion seitens der IAEA ist völlig neu und reflektiert die besagte Sorge.
Ein weiterer Streitpunkt zwischen der IAEA und IRI ist die Diskrepanz bezüglich des Inventars des Nuklear-Materials im Werk UCF Isfahan.
- Gegenmassnahmen im Zusammenhang mit dem JCPOA
Bereits kurz nach dem erwähnten Parlamentsbeschluss hat sich die IRI im Februar 2021 von folgenden Transparenz-Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Urananreicherung entbunden: Der JCPOA erfordert, dass der Uran235-Anreicherungsgrad nicht höher als 3,67 Prozent sein und die maximale im Iran zu akkumulierende Menge 300 kg UF6 nicht überschreiten darf. Der Iran hat dieses Limit sukzessive auf 5, 20 und 60 Prozent erhöht. Die Gesamtmenge des inzwischen angereichten Urans beläuft sich auf 4486,8 kg UF6, was nominell das 15-Fache der erlaubten Menge ist – das Institut ISIS von David Albright kolportiert fälschlicherweise den Faktor 22, der von Medien meist unkritisch reflektiert wird.
Was hier als besonders kritisch angesehen werden kann, ist die angehäufte Menge von Uran mit 60 Prozent Anreicherungsgrad (HEU Highly Enriched Uranium). Sie beträgt 128,3 kg UF6. Die weitere Anreicherung bis 90 Prozent kann innerhalb weniger Wochen erfolgen, so dass das Regime in den Besitz von genügend Material für zwei Atombomben gelangen könnte. An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass die IRI noch einen langen Weg bis zur Bombe vor sich hat; genügend HEU macht noch keine Bombe.
Allerdings hat die IRI im Zuge der relativen Entspannung mit den USA und ihren arabischen Verbündeten am Persischen Golf eine gewisse Entschleunigung bei der Herstellung von HEU vorgenommen.
Herstellung vom metallischen Uran
Die Herstellung eines nuklearen Sprengkopfes erfordert HEU 90 Prozent in der metallischen Form; daher waren im Rahmen der JCPOA Arbeiten auf diesem Gebiet verboten. Aber wie oben beschrieben, hat das Regime zur Bekräftigung seiner impliziten Drohung im Werk Isfahan mit der Umwandlung von UF6 in metallisches Uran begonnen.
Anzahl und Qualität der Zentrifugen
Der JCPOA hat die IRI verpflichtet, nicht mehr als etwas über 5’000 Zentrifugen der ersten Generation IR1 im Betrieb zu halten (ca. 30 Kaskaden). Die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Zentrifugen-Technologie war zwar erlaubt, aber nur in geringer Anzahl und nicht zur Produktion. Nach dem bereits erwähnten Beschluss des Parlaments hat Teheran begonnen, nicht nur weit mehr IR1, sondern IR2, IR 2m, IR4, IR6 und darüber hinaus herzustellen, zu installieren und zu betreiben. Die Anreicherungsfähigkeit der höheren Generationen ist vier bis zehn Mal höher als IR1. Die Anzahl der installierten Kaskaden beläuft sich auf 77, die der betriebenen auf 62. Somit ist die IRI im Moment im Besitz von ca. 12’000 Zentrifugen, von denen ca. 10’000 in Betrieb sind – Tendenz steigend.
Uran-Gewinnung aus iranischen Minen
Ein wichtiges Ziel der JCPOA war die vollständige Transparenz des IRI-Nuklearprogramms von der Mine bis zur Entsorgung, damit die anvisierte Breakout-Time von mindestens einem Jahr gewährleistet ist. Daher wurde die IAEA ermächtigt, für 25 Jahre die Aktivität der Uranerzgewinnung zu überwachen. Im Zuge der Teheraner Gegenmassnahmen wurde der IAEA diese Ermächtigung entzogen. Das bedeutet, dass die IAEA nicht mehr weiss, wie viel Uran in das Nuklearprogramm der IRI einfliesst.
Verminderung der Transparenz bei der Anreicherung
Der Iran verweigert den Online-Zugang zu den in den Nuklearanlagen ermittelten Daten über die Anreicherungs- und sonstigen Aktivitäten für die IAEA. Stattdessen hat Teheran zugesagt, diese Daten weiter zu speichern und sie der IAEA erst nach einer möglichen Erneuerung des JCPOA zur Verfügung zu stellen. Später wurde die Wartung der Überwachungsgeräte – Kameras, Inline-Sensoren etc. – verzögert. Damit bestand die Gefahr, dass Informationslücken entstehen. Im Juni 2022 wurden die JCPOA-bezogenen 27 Kameras sowie Inline-Sensoren zur Registrierung des Anreicherungsgrades deaktiviert. Es wurden allerdings die Kameras, die entsprechend dem CSA installiert waren, beibehalten. Ähnliches geschah bezüglich der Kameras, die zur Überwachung der Produktion der Zentrifugen-Komponenten installiert waren. Hier wiederum hat die IRI zugelassen, dass partiell sowohl Kameras als auch Inline-Sensoren im Rahmen ihrer CSA-Verpflichtungen eingesetzt werden.
Inspektionsregelungen
Im Rahmen des Zusatzprotokolls zur NPT hat die IRI sowohl die Inspektion der nicht-deklarierten Einrichtungen als auch unangekündigte Inspektionen zu gestatten. Mit der Kündigung dieser Verpflichtung reduziert Teheran die Transparenz seines Nuklearprogramms empfindlich.
Die IAEA bemängelt, dass erstens eine nahtlose Überwachung der Anlagen nicht mehr möglich ist, und dass es zweitens schwierig würde, Geschehnisse zu rekonstruieren, wenn die Menge der angefallenen Daten zu gross werden würde. Ferner warnt Rafael Grossi explizit, dass die IAEA nicht mehr in der Lage ist, die Kontinuität des Wissens in den folgenden Bereichen wiederherzustellen: Produktion und Lagerung von Zentrifugen und deren Komponenten, Schwerwasser und Uranerz-Gewinnung.
Zu diesen Ermahnungen hat sich erstmalig eine neue Diktion der IAEA gesellt, die davor warnt, dass die IRI den Weg Nordkoreas beschreiten könnte – das ist der Ausdruck einer Unsicherheit, die das intransparente Verhalten der IRI bei der IAEA erzeugt hat.
Fazit: Die Aussicht auf eine Reanimierung des JCPOA
Eine Voraussetzung für den Abschluss der Nuklearvereinbarung JCPOA war, die IRI mindestens ein Jahr vom Breakout-Zeitpunkt fernzuhalten. Er definiert die benötigte Zeit, bis ein Land in den Besitz von genügend waffenfähigem HEU gelangt.
Nun wurden viele Parameter, die diesen Breakout-Zeitpunkt bestimmen, fundamental verändert: Die IRI ist nur wenige Wochen davon entfernt, die Technologie ist weit entwickelt, und eine ganze Menge Know-how ist erworben.
Selbst wenn die IRI bereit wäre, alle modernen Zentrifugen und sonstige Hardware zu eliminieren, bleiben trotzdem die technologische Erfahrung und das Know-how erhalten. Eine Rückkehr zu der Situation vor dem JCPOA-Abschluss im Juli 2015 ist nicht mehr möglich.
Außerdem hat die politische Konstellation sich dramatisch verändert. Damals gab es noch gewisse Gemeinsamkeiten zwischen Russland und China einerseits und dem Westen andererseits. Inzwischen sind sie der Rivalität gewichen. Hinzu kommt die Teheraner Unterstützung der russischen Aggression gegen die Ukraine, die eine Einigung des Westens mit der IRI erschwert.
Das iranische Regime lebt in einem Zwiespalt: Delegitimiert durch die Frau-Leben-Freiheit-Bewegung im Lande und unter Druck wegen der miserablen ökonomischen Situation will es einen Ausgleich mit dem Westen suchen. Dem entgegen steht die Sorge des Regimes um die Aufweichung der lang gepflegten, zur Raison d’être mutierten Feindschaft des Regimes gegenüber den USA. Darüber hinaus haben die islamischen Hardliner die Vorteile der praktizierten nuklearen Drohung genossen.
Sind sie bereit, auf diese vermeintliche Stärke zu verzichten?
In Anbetracht des blutigen Gemetzels zwischen der Hamas und Israel ist eher davon auszugehen, dass das IRI-Regime nicht so leicht auf diese «Waffe» verzichten wird. Die Aussichten stehen nicht gut für eine absehbare Einigung im Nuklearstreit zwischen dem Westen und der Islamischen Republik Iran.
Mit freundlicher Genehmigung von IranJournal
Zum Autor: Dr. Behrooz Bayat, geboren im Iran, studierte Physik an den Universitäten Teheran, Frankfurt am Main und Marburg. Nach Promotion und Forschungstätigkeit arbeitete er unter anderem als freiberuflicher Berater für die Internationale Atomenergiebehörde in Wien. In seinen Publikationen setzt er sich u. a. mit der Nuklearpolitik des Iran auseinander.
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