Die Fakten sind schnell aufgezählt. Eine Expertenkommission mit Vertretern von Credit Suisse und UBS verabschiedete einstimmig einen Massnahmenkatalog, der künftig den Griff ins Portemonnaie des Steuerzahlers verhindern soll, wenn sich eine Grossbank an den Rand des Abgrunds zockt, aber «too big to fail» ist. Der Bundesrat fummelte etwas dran herum und bringt die Vorschläge nun ins Parlament. Die Credit Suisse kann mit der Forderung nach einem Eigenkapital von 19 Prozent gut leben. Vor allem, da ganze 9 Prozent in Form von sogenannten Cocos, Zwangswandelanleihen, aufgebracht werden dürfen, was das harte Eigenkapital schon mal auf 10 Prozent senkt. Und was man da mit Zauberwörtern wie «Risikogewichtung» oder «Repo 105» noch dran rumschrauben kann, wollen wir hier aussen vor lassen.
Kritik und Drohungen vom Chef
Ausgerechnet die Bank, die in der Schweiz diese Debatte ausgelöst hat, hält diese Vorschläge, denen sie bereits zustimmte, für unerträglich und gefährlich. Also nicht die UBS als solche, sondern ihr Chef, das Grübel-Monster. Er droht unverhohlen mit einem Wegzug der UBS aus der Schweiz, weil er gravierende Nachteile im internationalen Wettbewerb sieht und grosse Schwierigkeiten bei zukünftiger Kreditvergabe an die Realwirtschaft. Schauen wir uns seine Argumente kurz an. Wegzug? Ja wohin denn? Nach London etwa? Mit viel schärferen Vorschriften als in der Schweiz? In die USA? In den härtesten Markt der Welt, wo die UBS seit Jahren nur Verluste schreibt? Nach Singapur? Als echte Schweizer Traditionsbank? Oder gar nach Panama? Lächerlich. Und der Wettbewerbsnachteil? Das ist etwa so absurd, wie wenn ein Schweizer Schraubenfabrikant fordern würde, er müsse seinen Angestellten chinesische Löhne zahlen, weil er sonst mit asiatischen Schraubenfabrikanten nicht mehr konkurrieren könnte. Also ebenfalls lachhaft. Schliesslich die Kreditvergabe. Abgesehen davon, dass ja seit der Finanzkrise die meisten Banken nur sehr zögerlich Kredite an KMUs und andere Produktionsbetriebe vergeben, weil sich mit Gratis-Geld viel gewinnbringender auf den Finanzmärkten zocken lässt, gibt es ja genügend Mitbewerber, die gerne in diese angebliche Lücke springen würden.
Warum macht das Grübel dann?
Der CEO der UBS weiss das alles natürlich auch, denn man kann ihm ja viel vorwerfen, aber sicher nicht, dass er dumm sei. Seine Argumente sind haltlos, dennoch äussert er sie und treibt damit sogar Politiker aus dem bürgerlichen Lager zu Weissglut. Zudem leistet er einen schönen Beitrag zum Image der unbelehrbaren, geldgierigen und arroganten Banker, die sich zwar im Ernstfall gerne von der Politik und dem Staat retten lassen, aber anschliessend doch ungestört und unkontrolliert wieder ihren Geschäften nachgehen wollen. Am 28. April findet die nächste Generalversammlung der UBS statt, da wird die Intervention von Grübel auch schön für Stimmung und bissige Kommentare sorgen. Er bekämpft also mit untauglichen Argumenten eine noch lange nicht beschlossene Vorlage, der die UBS vorher zustimmte und mit der sein grösster Konkurrent Credit Suisse leben kann. Gleichzeitig sorgt er für Radau, rote Köpfe und schlechte Presse. Warum macht Grübel das dann?
Es gibt nur eine denkbare Antwort
Verwenden wir doch das gute alte Rasiermesser von Ockham: Von mehreren Theorien, die einen Sachverhalt erklären, ist immer die einfachste vorzuziehen. Obwohl ich kein Psychiater bin, lässt sich dieses Verhalten wohl nur individualpsychologisch erklären. Grübel macht das, weil er’s kann. Weil er einfach einen Pflock einschlagen will. Aus Jux und Tollerei, weil ihm innerhalb und ausserhalb der UBS keiner kann. Weil ihm alle Reaktionen völlig wurst sind. Weil es ihm Spass macht. Weil er als Multimillionär im Rentenalter von einem Tag auf den anderen sagen könnte: Leckt mich, ich gehe wieder Golfspielen. Das hat natürlich alles nicht sehr viel mit Finanzwissenschaft und den üblichen wattigen Wortwolken von Bankenführern zu tun. Hat aber zugegebenermassen einen hohen Spassfaktor für ein Alpha-Männchen wie Grübel.