Er sagte, Iran habe ein "Repräsentantenhaus zu wählen, nicht eine spezifische Partei". Er forderte eine "gesunde Wahl" und erklärte,"wir müssen Hoffnung schaffen und Begeisterung für die Wahl".
Gefahr des Ausschlusses
„Nur eine Partei ist vorhanden, die andere fehlt," sagte der Präsident. "Kein Amtsträger ist legitimiert ohne die Wahl durch das Volk". Präsident Rohani erinnerte auch daran, dass in dem zu wählenden Parlament nach der Verfassung Vertreter der religiösen Minderheiten Irans vertreten sein müssen. Das sind Christen, Juden und Zoroastrier. Jedoch liefen zwischen 7 und 10 Millionen Befürworter von Reformen Gefahr, von den Wahlen ausgeschlossen zu werden. Der Präsident sagte, er habe seinen Vizepräsidenten, Eshagh Jahangiri beauftragt, den Wächterrat zu kontaktieren und mit ihm die Lage zu besprechen.
Der Wächterrat waltet seines Amtes
Der Wächterrat ist ein Komitee von sechs Geistlichen unter dem Vorsitz des Erzkonservativen Ahmed Jannati. Alle Mitglieder sind Ali Khamenei, Oberster Religionsführer und Staatsoberhaupt, ernannt. Der Wächterrat hat die Funktion, Kandidaten für die Wahlen zuzulassen oder auszuschliessen. Grund für den Ausschluss ist stets "mangelnde Loyalität" gegenüber den Einrichtungen der Islamischen Republik Iran und deren herrschendem Gottesgelehrten.
Die Wahlen sollen am 26. Februar stattfinden. Gewählt wird dieses Mal sowohl das iranische Parlament von 290 Mitgliedern wie auch ein weiterer Rat von 88 Mitgliedern, "Versammlung der Experten" genannt, der die Aufgabe hat, den nächsten Obersten Religionsführer zu bestimmen. Dies wird erst nach dem Ausscheiden von Khamenei geschehen. Da ihm sein Amt auf Lebenszeit verliehen worden ist, ist der Zeitpunkt noch unklar. Doch Khamenei gilt als gesundheitlich angeschlagen.
Einseitige Zulassung zu den Wahlen
Für diese Wahlen haben sich rund 12´000 Personen beworben. Etwa 7´300 von ihnen gelten als Konservative, die das Regime so, wie es heute ist, erhalten wollen. Ungefähr 3´000 gelten als reformwillig. Genaue Zahlen lassen sich nicht erheben, weil es keine Parteien gibt. Doch die Iraner wissen ziemlich genau, welche Person zu welchem Lager gehört.
Der Wächterrat hat 7´300 Bewerber schon jetzt ausgeschlossen. Die Reformwilligen sagen, einige ihrer konservativen Gegner fänden sich unter den Ausgeschlossenen, aber die Mehrzahl bildeten die Befürworter von Reformen. Von diesen seien nur etwa 30 übrig geblieben. Dennoch, so betonte einer der Sprecher der Reform-Kandidaten, wollten die Reformwilligen die Wahlen nicht boykottieren, sondern kämpfen. In den vorausgehenden Wahlen von 2012 hatten die meisten Reformbefürworter aufgegeben. In den Präsidentenwahlen von 2009 war es zu einem Volksaufstand gekommen, weil viele Iraner der Ansicht waren, die Wahlen seien zum Nachteil der Reformwilligen gefälscht worden. Diese Volkserhebung war nur mit Mühe und mit Blutvergiessen durch die Volksmiliz der Bassij niedergeschlagen worden. Die Bassij sind eine Miliz von Freiwilligen, die unter der Führung der iranischen Militärs, der Revolutionswächter, agieren.
Khamenei bewahrt seine Macht
Es ist sehr deutlich, dass Khamenei eine ähnliche Entwicklung nicht nochmals hinnehmen würde. Das Militär steht unter seinem Oberkommando, und im Notfall würde er es gewiss einsetzen, um Protestbewegungen niederzuschlagen.
Khamenei hat deutlich gemacht, dass er das Atomabkommen und die Aufhebung des Boykotts durch den Sicherheitsrat und die Amerikaner, die dem Abkommen folgten, nicht als Anlass dazu nehmen will, dass Iran in anderen Bereichen ausserhalb der Atomfrage seine Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und der übrigen westlichen Aussenwelt grundlegend verändert und verbessert.
Er hat mehrmals erklärt, Amerika sei und bleibe weiterhin "der grosse Teufel", als den Khomeini die Vereinigten Staaten beschrieben hatte. Er hatte auch im Gefolge des von vielen Iranern begeistert gefeierten Abschlusses des Atomvertrages gewarnt, "Amerika" sei nie zu trauen und Iran habe darauf zu achten, dass es nicht noch einmal von den Amerikanern betrogen werde.
Furcht vor dem Volkswillen
Hinter solchen Positionen steht eine berechtigte Angst, dass die iranische Bevölkerung, wenn man sie frei wählen und handeln liesse, grosse Teile des vermeintlich islamischen Korsetts ablegen würde, in das sie sich seit der Zeit Khomeinis eingeschnürt findet.
Die Revolutionswächter sind das wichtigste Widerlager gegenüber den reformwilligen Politikern und Bevölkerungsteilen. Die Wächter würden Macht und Funktionen verlieren, wenn die islamische Republik einen politischen Kurs einschlüge, der Iran den westlichen Staaten und deren Freiheiten näher brächte. Khamenei stützt sich auf die Wächter, um seine eigene Macht an der Spitze des Staates zu bewahren, indem er zwischen ihnen und den reformwilligen Politikern laviert und die beiden Richtungen, Konserative und Reformpolitker, gegeneinander ausspielt.
Mögliche Konzessionen
Die weitere Entwicklung dürfte darin bestehen, dass der Wächterrat in Bezug auf die Wünsche und Beschwerden des reformorientierten Präsidenten einige kleinere Konzessionen machen könnte, indem er zum Beispiel reformwillige Kandidaten zulässt. Das wird jedoch nicht ausreichen, um die beabsichtige Benachteiligung auszugleichen. Eine Revision der Ausschlüsse von Kandidaten seites des Wächterrates steht noch an und soll bis zum 4. Februar abgeschlossen sein. Ob diese mehr oder weniger kosmetischen Änderungen erneute Ausbrüche von Zorn und Enttäuschung seitens der Bevölkerung, wie sie 2009 stattfanden, abwenden, ist eine offene Frage.