17 Staaten, zu denen die Amerikaner, die Russen, die Saudis, die Iraner und die Türken gehören, sind in München zusammengekommen. Sie haben beschlossen, in Syrien solle ein Waffenstillstand am 19. Februar beginnen. Davon seien jedoch die Nusra-Front und der IS ausgeschlossen.
Damaskus hat sich noch nicht zu diesem Plan geäussert. Der amerikanische Aussenminister John Kerry hat gesagt, der Plan stehe auf dem Papier. Es komme nun darauf an, ihn in Wirklichkeit umzusetzen.
Die russischen Absichten
Im Vorfeld der Konferenz wurde bekannt, dass die Russen einen Waffenstillstandsplan geplant hätten, der am 1. März hätte beginnen sollen. Die Amerikaner waren für einen sofortigen Waffenstillstand. Der Termin von einer Woche war offenbar ein Kompromiss zwischen den Plänen beider.
Warum die Russen den Waffensitllstand um drei Wochen hinausschieben wollten, kann man leicht verstehen. Es ging ihnen darum, in der Zwischenzeit vollendete Tatsachen zu schaffen, in erster Linie gewiss in Aleppo. Wenn das stimmt, kann man vermuten, dass der nun vereinbarte Termin möglicherweise nicht eingehalten werden und ein neuer Termin festgesetzt werden wird, möglichst den Wünschen der Russen entsprechend. Es ist für sie leicht, dies zu bewerkstelligen.
Mögliche Telung Syriens
Neben Aleppo gibt es ein weiteres wichtiges Ziel für die russische Strategie, die allem Ermessen nach darauf abzielt, Syrien in zwei Teile zu teilen, eine IS-Hälfte im Osten, eine Asad-Hälfte im Westen. Ein zweiter auf später zu erwartender Schritt würde nach dieser Teilung der Krieg der Russen und des Asad-Regimes gegen den IS werden - mit freundlicher Einladung an die Amerikaner, auch mitzumachen.
Aleppo als erstes Hauptziel
Um dieses Ziel der Zweiteilung zu erreichen, müssten die Russen dafür sorgen, dass die Asad-Armee Aleppo erobert oder einkreist und dass sie die Provinz Idlib besetzt, die gegenwärtig von der Nusra-Front und mit ihr verbündeten islamistischen Milizen gehalten wird. Dieses zweite Ziel können die Russen und die Asad-Armee (mit Hilfe der Iraner und des Hizbullah) auch verfolgen, nachdem der Waffenstillstand zum Tragen kommt, weil ja die Nusra Front, zusammen dem IS, von ihm ausgeschossen sein wird.
Die Amerikaner in Defensive
Im Gegensatz zu der russischen lässt sich keine klare amerikanische Strategie erkennen. Soweit es sie gibt, beschränkt sie sich auf die Defensive. Das heisst darauf, zu versuchen, die Russen an ihrem Vorgehen, das auf die Rettung des Asad- Regimes hinausläuft, zu hindern. Jedoch ohne eigene Zielsetzung ausser der Forderung: "Asad muss gehen". Eine Forderung, auf welche die Amerikaner bereits weitgehend verzichtet haben, indem sie erklärten, vorläufig und auf Übergangszeit könne Asad auch bleiben.
"Nicht noch mehr Krieg" - warnen die Russen
Im Umfeld des Waffenstillstandsbeschlusses warnten die Russen vor einem "wrklichen und endgültigen" Krieg, der - wie sie sagten - viele Jahre lang dauern würde, wenn er ausbreche. Sie spielten damit auf die Gefahr des Eingreifens von Bodentruppen in Syrien an, gleich welcher Herkunft, aus den USA, aus europäischen Staaten, aus der Türkei oder aus Saudi Arabien.
Solche Bodentruppen könnten den Ablauf des russischen Szenarios stören, so wie es gegenwärtig bereits eingesetzt hat und in seiner künftigen Entwicklung erkennbar ist. Doch das Risiko dabei wäre so hoch, dass eine solche Entwicklung - das Eingreifen von den Russen und Asad feindlichen Bodentruppen der Aussenmächte - wahrscheinlich nicht stattfinden wird.
Fragezeichen zum Waffenstillstad
Für den angekündigten Waffenstillstand bedeutet dies: er liegt im Interesse der russischen Strategie und hat deshalb gute Aussichten, verwirklicht zu werden. Doch der Zeitpunkt dürfte davon abhängen, wann die Russen die Lage als reif beurteilen. Dies wird in dem Augenblick sein, in dem sie annehmen können, dass die Asad- Armee und ihre Hilfskräfte Aleppo endgültig dominieren und die nicht islamistischen Kampfgruppen der Rebellen - ausserhalb Idlibs - nicht mehr in der Lage sind, Asad und seiner Armee Westsyrien streitig zu machen.