Heute Montag beginnt in New York die erste Konferenz der Vereinten Nationen, die ein Verbot der Atomwaffen und deren völlige Beseitigung zum Ziel hat. 113 Uno-Mitglieder stimmten für die Einberufung dieser Konferenz; 35 dagegen, darunter alle Atomwaffenstaaten mit Ausnahme Nordkoreas. Unter den 13 Staaten, die sich der Stimme enthielten, war die Schweiz. Die EU ist in dieser Frage gespalten.
Niemand gibt sich der Illusion hin, dass die zwei geplanten Konferenzrunden einen Ur-Konflikt von politischen und moralischen Dimensionen lösen könnten. Es handelt sich eher um einen Denkanstoss, der von Österreich ausging und ein weites Echo hervorrief. Moskau hat die Bedeutung dieser Diskussion erkannt. Vergangene Woche erklärte der russische Aussenminister Sergej Lawrow, sein Land sei bereit, über eine weitere Reduzierung der nuklearen Arsenale zu verhandeln. Für die Verschrottung aller Atomwaffen sei aber „die Zeit noch nicht gekommen“.
Neues Wettrüsten
Weltweit existieren derzeit etwa 19‘000 Atomwaffen grossen Kalibers. Die Zahl der so genannten nuklearen Gefechtsfeldwaffen auf Kurzstreckenraketen, Jagdbombern oder Artilleriegeschossen bleibt unbekannt, weil diese Sprengköpfe keiner Rüstungskontrolle unterliegen.
1969 hatten sich die damaligen Mitglieder des exklusiven Atomklubs im Atomwaffensperrvertrag (NPT) verpflichtet, als Gegenleistung für den Verzicht aller anderen Länder auf den Erwerb von Atomwaffen ihre eigenen Bestände zuerst zu reduzieren und dann völlig zu vernichten. Sie haben diese Verpflichtung nicht erfüllt. Eine der Folgen war, dass auch Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea Atomwaffen entwickelten. Im Grossen und Ganzen hält der NPT aber seit fast 50 Jahren.
Jetzt wäre es an der Zeit, dass die Grossmächte ihre Versprechen einlösen. Es geschieht aber das Gegenteil. Zwar haben die USA und Russland in mehreren Rüstungskontrollverträgen die Zahl ihrer strategischen Atomwaffen um zwei Drittel verringert. Aber die Modernisierung der verbleibenden Sprengköpfe hat sich zu einem neuen Wettrüsten aufgeschaukelt.
Geld für die Rüstungsindustrie
Die USA haben schon unter Barack Obama die Revision ihrer „nuklearen Triade“ (Raketen, Flugzeuge und U-Boote) in Angriff genommen. Donald Trump verstärkt diesen Trend. Für das nächste Haushaltsjahr sieht er eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben um zehn Prozent oder rund 60 Milliarden Dollar vor. Die Logik wird dabei auf den Kopf gestellt: Viel Geld wird locker gemacht, ohne es auf konkrete Projekte auszurichten. Die Militärs dürfen wählen, welches Spielzeug sie damit kaufen. Auf jeden Fall profitiert die Rüstungsindustrie.
Russland diversifiziert sein Atomwaffenarsenal in der Absicht, das strategische Gleichgewicht mit den USA zu wahren. Um die mit den USA vereinbarte Höchstgrenze von 4300 nuklearen Sprengköpfen interkontinentaler Reichweite nicht zu überschreiten, verringern die Russen offenbar die Traglast ihrer schwersten Raketen. Dafür bauen sie kleinere Trägerwaffen mit je vier einzeln lenkbaren Gefechtsköpfen. Gleichzeitig werden die mit Atomwaffen bestückten U-Boote und Flugzeuge modernisiert. Die Entwicklung eines strategischen Tarnkappenbombers, der 2021 einsatzbereit sein sollte, hat sich verzögert.
Gegenseitige Vorwürfe
Insgesamt scheint Putins Militärdoktrin den Bau von Waffensystemen zu fördern, die wahlweise mit Atombomben oder konventionellen Sprengsätzen bestückt werden können. Die USA beschuldigen die Russen eines Bruchs des 1987 zwischen Reagan und Gorbatschow vereinbarten Verbots aller nuklearen Mittelstreckenwaffen, weil sie Mehrzweck-Marschflugkörper dieser Reichweite von 500 bis 5500 Kilometer in Dienst gestellt haben. Moskau antwortet mit einer Retourkutsche und klagt Washington des gleichen Vergehens an.
Grossbritannien investiert 46 Milliarden Euro in den Bau von vier neuen Atom-U-Booten. In Frankreich liegt die geplante Modernisierung der strategischen Unterwasserflotte und Luftwaffe in den Händen der nächsten Regierung. China rüstet grossräumig auf. Nach dem Ende des ideologischen Konflikts zwischen zwei Machtblöcken erhoffte man eine „Friedensdividende“ zugunsten menschenfreundlicher Projekte. Davon ist nichts übrig geblieben.