Mit ihrem Positionspapier «Für ein demokratiegerechtes Mediensystem» schlägt die SP Schweiz vor, von der bisher indirekten zur direkten Medienförderung zu wechseln und sowohl Print als auch Radio, Fernsehen und Online zu begünstigen. Die Finanzierungsfrage ist wichtig, die Diskussion darüber notwendig.
In diesem Zusammenhang sei hingewiesen auf die Vergleichsstudie «Überleben mit staatlicher Unterstützung?» von Christina Holtz-Bacha, Inhaberin des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg. Es geht um «Modelle der Presseförderung am Beispiel von Schweden, Frankreich und Österreich». Der Inhalt sei im Folgenden kurz – und zwangsläufig verkürzend – referiert.
Betriebs- und Vertriebshilfen
Schweden kennt die Presseförderung seit 1969. Sie «zielte von Anfang insbesondere auf den Erhalt von Zweitzeitungen, um lokalen Monopolen vorzubeugen und Vielfalt auf dem Pressemarkt zu erhalten». Bezahlt werden Betriebshilfen, 2010 ca. 57 Millionen Euro, an Zeitungen mit mindestens 1500 Abonnenten und einer Haushaltabdeckung von weniger als 25 Prozent im Erscheinungsgebiet; die Beitragshöhe ist abhängig von der Erscheinungsfrequenz und der Auflage. «Die zweite Säule der schwedischen Presseförderung besteht aus Vertriebshilfen, die an alle nicht kostenlosen Tageszeitungen geht, die beim Abonnement-Vertrieb kooperieren.» Es handelt sich um etwa 15 Millionen Euro. Zusätzlich «profitiert die schwedische Presse von einer auf sechs Prozent reduzierten Mehrwertsteuer auf Vertriebseinnahmen».
Ein von der Landesregierung ernannter Presseförderungsrat überwacht die Hilfsmassnahmen. Sie gerieten 2009 in die Kritik vonseiten der Europäischen Kommission, was zu Anpassungen an die Regeln des Gemeinsamen Marktes führte.
Obwohl die Effektivität solcher Massnahmen kaum zu prüfen sei, «gab man sich stets überzeugt, dass ohne die Förderung viele Zeitungen eingestellt worden wären und die Pressekonzentration zugenommen hätte». Kommentierend sei beigefügt, dass schlüssige Beweise offenbar fehlen.
Eine Fülle von Massnahmen
Für die französische Presse gibt es derzeit «19 Massnahmen allgemeiner und spezifischer, direkter und indirekter Art». Sie kosteten den Staat 2010 «gut eine Milliarde Euro». Alle Zeitungen bezahlen eine auf 2,1 Prozent reduzierte Mehrwertsteuer und sind von der Gewerbesteuer befreit. Ausgerichtet werden Vertriebs- und Modernisierungshilfen, u.a. für Online-Angebote, sowie direkte Zuschüsse für die der politischen Information dienenden Tageszeitungen.
Christina Holtz-Bacha stellt fest: «Über die Jahrzehnte hat sich der französische Staat die Unterstützung des Zeitungssektors mehr und mehr Geld kosten lassen, konnte den Schwächen des Marktes aber dennoch nicht beikommen.» Verbesserungsvorschläge sehen vor, «die Ziele der Unterstützungsmassnahmen zu präzisieren», die Hilfe an klare Bedingungen zu knüpfen, «insbesondere Innovationen im Angebot und neue Geschäftsmodelle zu fördern» und eine junge Leserschaft zu gewinnen.
Prinzip Giesskanne
«Mit einer direkten Förderung nach dem Giesskannenprinzip sucht das österreichische System der Presseförderung, das seit 1975 besteht, seinesgleichen in Europa.» 2010 wurden insgesamt mehr als 12 Millionen Euro verteilt. Die strukturellen Schwächen hätten sich allerdings nicht beseitigen lassen, «und die Kritik zumal an der Allgemeinen Förderung, die auch die den Markt dominierende 'Neue Kronenzeitung' bedachte, riss nicht ab».
Zurückhaltende Folgerung
Das Fazit von Christina Holtz-Bacha in Bezug auf Deutschland lautet: «Über eine irgendwie geartete Unterstützung für die deutschen Zeitungen nachzudenken, wie es Habermas angeregt hat, ist also erst angebracht, wenn die Fragen nach Neutralität und Effektivität von Pressehilfen befriedigend beantwortet sind.» Das dürfte im Wesentlichen auch auf die Schweiz zutreffen.
Christina Holtz-Bacha: Überleben mit staatlicher Unterstützung?, in Nina Springer et al. (Hg), Medien und Journalismus im 21. Jahrhundert, Konstanz und München 2012, S. 187 ff