Ein Exchange-traded Fund (ETF) ist ein an der Börse gehandelter Investmentfonds. Also ein Sammelbecken von Wertpapieren, Devisen, kurz: alles, was verbriefbar und somit handelbar ist, kann reingeschüttet werden. Eigentlich eine eher seriöse Sache, da die Börsenkotierung automatisch für das Einhalten von Regeln und Vorschriften unter staatlicher Aufsicht sorgt. Also nichts für moderne Zockerbanker.
Real und irreal
Der ETF hat für einen Spekulanten noch einen weiteren Nachteil: In der realen Geldwelt kann man ihn höchstens vollständig aufkaufen. Und dann eher schlappe Gewinne oder Verluste machen, je nach seiner Wertentwicklung. Mit den so generierten Umsätzen kann ja kein anständiger Bonus verdient werden, der moderne Trader würde verlumpen und könnte nicht mal den täglichen Kokskonsum finanzieren.
Aber es gibt Abhilfe. In der darauf spezialisierten Abteilung, die jede Grossbank hat, auch die UBS, wird ein Derivat aus diesem ETF gebastelt, eine Ableitung, ein synthetischer ETF, ein Wettschein. Grosser Vorteil: Das Volumen des hier gehandelten Geldes ist beinahe unbegrenzt. Also um einen real existierenden ETF im Börsenwert von zum Beispiel einer Milliarde Franken kann so eine Geldwolke von locker 10, 20 oder 50 Milliarden Franken schweben.
Es tropft aus der Wolke
Jetzt ist das Spielcasino eröffnet. Hohe und kurzfristige Einsätze sind möglich, und vor allem: Es kann gehebelt werden. Das bedeutet, auf eine in zwei oder drei Tagen fällige Wette setzt der Händler ein wenig Eigenkapital seiner Bank und einen hübschen Batzen geliehenes Geld, ein Faktor von 1 zu 40 ist völlig handelsüblich, es kann auch mehr sein.
Nun braucht er nur noch einen oder mehrere Wettpartner, die dagegenhalten, und das Spiel ist eröffnet. So können aus minimen Veränderungen eines realen ETF gehebelt sagenhafte Wettgewinne entstehen. Da Wetten aber ein Nullsummenspiel sind, weil sie keine Wertschöpfung beinhalten, gibt es genauso sagenhafte Verluste. Was einer gewinnt, verliert ein anderer.
Die Absicherung
Um den potenziellen Schaden einer verlorenen Zockerwette zu begrenzen, wettet der Spekulant meistens gleichzeitig auf und gegen etwas. Das ist etwa so, wie wenn man beim Roulette gleichzeitig auf Rot und Schwarz, auf gerade und ungerade Zahl wetten würde. Eigentlich unsinnig, man macht zwar keinen Verlust (ausser, es kommt die Null), aber auch keine Gewinn.
Also setzt er etwas mehr auf die eine Seite seiner Wette. Geht sie schief, hält die Gegenwette die Verluste in Grenzen. Allerdings ist im Glücksfall auch der Gewinn überschaubar. Was liegt also näher, als die Absicherung sein zu lassen? Das gibt erst den richtigen Kick, eine sagenhafte Eigenkapitalrendite und einen fetten Bonus. Und man darf sich Rainmaker, Regenmacher, nennen sowie als Master of the Universe fühlen.
Der Fall
Nun ist es ein auch von Bankern nicht bestrittenes Grundgesetz einer Wette, dass man sie auch verlieren kann. Das bedeutet im konkreten Fall, dass die 2,3 Milliarden Dollar Verlust der UBS nicht vernichtet, verbrannt, vermahlen wurden, sondern sich ein paar Gegenwettkumpane weltweit über einen hübschen Gewinn freuen. Während der Unglücksrabe im Knast schmort, weil ihm «kriminelle» Handlungen vorgeworfen werden.
Man fragt sich allerdings, was an dem ganzen System, in dem er zockte, nicht kriminell ist. Man fragt sich, wieso die offenkundige Unfähigkeit des Controlling nicht kriminell ist. Man fragt sich, warum der Chef der Abteilung zurücktritt, die ganze Zockerbude Delta One suspendiert wird, aber keineswegs kriminalisiert.
Der Nutzen vom Ganzen
Aber viel wichtiger als all das ist die entscheidende Frage: Was ist eigentlich der volkswirtschaftliche Nutzen dieser Spekulationen mit Derivaten, mit Wettscheinen, ob die synthetische ETF oder wie auch immer heissen? Da holen Banker tief Luft und quasseln von globalen Geldströmen, bessere Zuordnung von benötigtem Kapital, Anwendung von modernstem High-tech Financial Engineering.
Alles Unsinn, die richtige Antwort ist: All diese Geschäfte sind völlig überflüssig. Volkswirtschaftlich sinn- und zwecklos. Nullsummenspiele ohne Wertschöpfung, die lediglich dazu dienen, den Zockern und ihren Wettpaten, also dem leitenden Management, ein vergnügliches Auskommen zu verschaffen.
Der reine Irrwitz
Übertragen wir das von der Irrealwelt der Finanzmärkte auf die sogenannte Realwirtschaft. Auf eine Schraubenfabrik. Statt Schrauben herzustellen, also normale Bankdienstleistungen wie Hereinnehmen von Geld und Verleihen von Geld zu erbringen, beschliessen die Schraubenfabrikanten, stattdessen einen Kredit auf die Firma aufzunehmen (notabene ohne die Besitzer, nämlich die Aktionäre, um Erlaubnis zu fragen), und damit zu spekulieren.
Gleichzeitig garantieren sich die Spekulanten ein erfolgsunabhängiges Einkommen, bei dem nur gilt: Je grösser das Volumen der Spekulation, desto mehr Batzeli gibt es. Jeder Besitzer einer Schraubenfabrik würde eine solche Belegschaft zum Teufel jagen. Aber im modernen Banking gelten offenbar andere Regeln.