Das Ideal einer Welt ohne Atomwaffen rückt in immer weitere Ferne. Dennoch wagt die Mehrheit der Uno-Mitglieder das schier Unmögliche: Auf der in New York begonnenen neunten Überprüfungskonferenz des 1970 in Kraft getretenen Vertrags über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen (NPT) fordern 125 Staaten die totale nukleare Abrüstung.
Ernst gemeinte Verhandlungen
Auch Bundesrat Didier Burkhalter rief in New York zu „ehrgeizigen und pragmatischen Schritten zur weltweiten Eliminierung der Atomwaffen“ auf. Die Atomwaffengegner können sich auf den NPT selbst berufen. Darin haben sich die offiziellen Atommächte 1968 verpflichtet, „ehrliche Verhandlungen über die vollständige Beseitigung der Atomwaffen“ zu führen. Sonst hätten sie nicht die Zusage der übrigen Staaten erhalten, für zunächst 25 Jahre auf die Entwicklung eigener Atomwaffen zu verzichten. 1995 beschlossen die Vertragsparteien, den NPT auf unbegrenzte Zeit zu verlängern.
Ein Rückblick: 1968 einigten sich die damaligen drei Atomwaffenmächte USA, Sowjetunion und Grossbritannien mit den anderen Mitgliedern der Genfer Abrüstungskonferenz darauf, der Weiterverbreitung von Atomwaffen einen Riegel vorzuschieben. Das war keineswegs unumstritten. Mao Zedong verkündete die These, dass jeder Staat das Recht habe, sich mit den modernsten Mitteln zu verteidigen. China stand mit Frankreich an der Schwelle zum Atomwaffenstaat. Die Franzosen halfen Israel, Atomwaffen zu bauen.
Unkalkulierbare Sicherheitsrisiken
In der Bundesrepublik Deutschland versuchte Verteidigungsminister Franz-Josef Strauss (CSU), die nukleare Option offen zu halten oder zumindest einen Finger am Drücker des Atomwaffenarsenals der Nato zu haben. Argentinien, Brasilien und Südafrika hielten an ihren laufenden Atomwaffenprogrammen fest. Sogar in der Schweiz kämpften konservative Politiker und hohe Militärs gegen einen permanenten Verzicht auf die Bombe.
Diese Diskussion war beendet, als sich Washington und Moskau auf das Wesentliche einigten. Der Vertrag erlaubte es noch China und Frankreich, nachträglich (1992) als offizielle Atomwaffenstaaten in den NPT einzutreten, weil sie bereits vor 1967 nukleare Sprengsätze getestet hatten. Hinter ihnen sollte aber die Tür zum Atomklub zufallen. Weltweit setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Weiterverbreitung von Atomwaffen unkalkulierbare Sicherheitsrisiken schaffen würde.
Am Rande des Abgrunds
Die Rechnung ging aber nicht ganz auf. Israel, Indien und Pakistan traten dem Vertrag nicht bei und bauten eigene Atomwaffen. Nordkorea folgte auf einem Zickzack-Kurs. Zuletzt erregte Iran den Verdacht, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Kernkraft Atomwaffen zu entwickeln. Dieser Konflikt wurde Anfang April durch das Rahmenabkommen von Lausanne entschärft.
Nicht nur die horizontale, sondern auch die vertikale Weiterverbreitung der Atomwaffen brachte die Welt mehrmals an den Rand des Untergangs. Am Höhepunkt des Kalten Kriegs besassen die USA und die Sowjetunion zusammen 50.000 Atomsprengköpfe. Mittlerweile ist die Gesamtzahl der nuklearen Gefechtsköpfe auf 22.000 gefallen. Aber sowohl die USA wie Russland und China modernisieren ihre Atomwaffen. Dafür werden sie auf der Überprüfungskonferenz des NPT scharf kritisiert.
Russland in der Kritik
Bei der letzten Überprüfung im Jahre 2010 beschlossen die Teilnehmerstaaten einschliesslich der USA, eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten zu schaffen. Dieser Beschluss scheiterte an der Weigerung Israels. Die arabischen Staaten lassen aber nicht locker. Unter Beschuss geraten ist auch Russland, das den Verzicht der Ukraine auf die von der aufgelösten Sowjetunion geerbten Atomwaffen nicht honoriert. Im Budapester Memorandum von 1994 hatte sich Russland verpflichtet, als Gegenleistung die territoriale Integrität der Ukraine zu achten.
Zwei Drittel der 191 NPT-Mitglieder fordern auf Initiative Österreichs ein Verbot aller Atomwaffen nach dem Muster der Konventionen über die chemischen und biologischen Kampfstoffe. Die Schweiz unterstützt diesen Plan. Japan und Südkorea hingegen lehnen ein Atomwaffenverbot mit Hinweis auf den unentbehrlichen nuklearen Schutzschirm der USA ab.
Der NPT verbrieft allen Staaten das Recht auf friedliche Nutzung und Erforschung der Kernkraft - mit Ausnahme der Herstellung „ziviler“ Atomsprengkörper, etwa für Erdaushebungsarbeiten. Die Nichtatomwaffenstaaten müssen ihre Nuklearanlagen von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) überwachen lassen. Die Atomwaffenstaaten sind davon entbunden, haben aber ihre als zivil deklarierten Anlagen freiwillig der IAEO-Kontrolle unterstellt.