Wenn ein Wirtschaftsnobelpreisträger, fleissiger Kolumnist und gerne eingeladener Redner im «Spiegel» unter dem Titel «Wie der Euro gerettet werden kann» zur Feder greift, dann wird doch alles gut. Leider liefert Paul Krugman hier einen weiteren Beitrag zur nutzlosen oder gar schädlichen Wirtschaftsdebatte zum Euro-Schlamassel. Ich habe zwar keinen Nobelpreis, aber ich kann Ursache und Wirkung unterscheiden, zudem beherrsche ich das Einmaleins. Untersuchen wir kurz eine der angeblichen Ursachen, die Krugman für die Euro-Krise angibt.
Fundamentaler Unsinn
«Der Zustrom des Kapitals nährte einen Boom, und der führte zu Lohnerhöhungen: Während der ersten zehn Jahre nach der Einführung des Euro stiegen die Lohnstückkosten (der Lohn gemessen an der Produktivität) in Südeuropa um 35 Prozent, in Deutschland dagegen nur um 9 Prozent», behauptet Krugman.
Als ob der Euro oder die Deutschen etwas dafür könnten, dass beispielsweise griechische Gewerkschaften solche Lohnerhöhungen durchkriegten. Das in Zusammenhang zu setzen und als eine der Ursachen der Euro-Krise anzugeben, ist etwa so sinnvoll, wie wenn man die Wassertemperatur in der Ägäis mit dem Feuchtigkeitsgehalt eines Feta-Käses korrelieren würde.
Weiterer Unsinn
Widmen wir uns den drei «Lösungsschritten» des Nobelpreisträgers. Schritt eins: Stopp der Panikattacken, indem die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen von Pleiteländern ankauft. Sicher ist, dass es bald einmal knallen würde, wenn die Südländer munter weiter Schulden machen könnten, da deren Finanzierung so ja kein Problem mehr wäre. Es gäbe dann nur noch eine einzige Panikattacke; die letzte. Aber wieso nicht: Statt der blöden Bankenfinanzierung sollte die EZB gleich den Südramsch kaufen. Dann hätte man wenigstens eine Übersicht, wo wieviele wertlose Schuldpapiere lagern.
Fortgesetzter Unsinn
Schritt zwei: Deutschland & Co. müssten (viel) mehr Güter aus dem europäischen Ausland (im Klartext: Griechenland, Spanien etc.) kaufen. Schön. Aber wir können ja nicht 24 Stunden am Tag Feta-Käse, Olivenöl, Tomaten und Gurken mampfen und dazu irischen Whiskey und Ale trinken. Zumindest nicht gleichzeitig. Denn das Problem besteht ja darin, dass diese Länder überhaupt nichts produzieren, was man irgendwo über das heutige Mass hinaus gebrauchen könnte.
Abschliessender Unsinn
Schritt drei: (Moderate) Inflation in den Nordländern (also wieder einmal Deutschland). Auch das würde zu nichts führen (siehe Fortgesetzter Unsinn). Ob die Tomaten etwas teurer wären oder nicht, ist doch egal. Abgesehen davon: Die von Krugman postulierte expansive Geldpolitik würde ja in allen EU-Ländern wirken. Und die Erfahrung hat gezeigt, dass die Experten in Sachen Inflation vor allem südlich der Alpen sitzen. Zudem würde das bedeuten, dass Sparer und Rentner rasiert würden, ihr angelegtes Geld scheibchenweise weg wäre.
Und das Einmaleins
Das Problem liegt halt schon etwas tiefer: Es ist eine Tatsache, dass in den Südländern schlicht eine industrielle Basis für hochwertige Produkte fehlt; und nur mit solchen könnten sie gegen die Asiaten ankommen. Eine solche Industrie aufzubauen, ist aber nicht nur eine langwierige Sache, persönlich sehe ich überhaupt nicht, wie das angestellt werden soll. In diesem Punkt bin ich auf Augenhöhe mit Herrn Krugman: Er weiss es auch nicht.
Fixierung auf Geldpolitik
In den letzten 20 Jahren wurde uns weisgemacht, dass Geld, genauer Geldpolitik, alles ist. Geld entsteht im Internet (oder auch nicht), im Zockerkasino von Derivaten (oder auch nicht), in Geldanlagen, die so kompliziert sind, dass sie nicht einmal der Verkäufer versteht, geschweige denn der Käufer (oder auch nicht). Geldmenschen, seien sie vom FED, von Goldman Sachs, von der EZB oder der UBS, haben uns mit ihrem Wahn der Beherrschbarkeit von Geldflüssen und der angeblichen Möglichkeit, das Risiko dabei herauszurechnen, ins Schlamassel geführt. Und nun behaupten sie, wobei Krugman einer von ihnen ist, mit rein geldpolitischen Massnahmen kämen wir wieder heraus. Welch ein Unfug!
Reale Werte
Geld ist Mittel zum Zweck. Zweck ist die Steigerung der Produktivität, die reale Herstellung von Dienstleistungen und Waren. Da kann staatliche Fiskal- und Geldpolitik einen guten Beitrag dazu leisten. Mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt und akzeptablen Zinsen als Risikoprämie für den Gläubiger, als Barriere für den Schuldner. Banken können dafür sorgen, dass die Realwirtschaft Kapital für sinnvolle und wertschöpfende Investitionen bekommt. Denn in der realen Welt spielt die Musik, nicht in der virtuellen Geldwelt. Nur so könnte der Euro oder jede beliebige andere Währung der Welt gerettet werden. Alles andere ist Dampfplauderei, «im besten Fall spektakulär nutzlos, im schlimmsten Fall schädlich», um Krugman mit Krugman zu erledigen.