Man kann die Meinung vertreten, dass ein Europäisches Parlament immer noch besser ist als keins. 380 Millionen Stimmberechtigte aus 28 Ländern können entscheiden, welche 751 Abgeordneten für sie in Brüssel und Strassburg sitzen sollen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht bemängelt vornehm dessen «eingeschränkte demokratische Legitimation». Genauer: Das Parlament kann weder Gesetze auf den Weg bringen noch eine Regierung wählen. Das sind aber die beiden fundamentalen Aufgaben einer Legislative, wenn es sich nicht um eine Präsidialdemokratie handelt wie in den USA oder Frankreich. Aber dort sind dann wenigstens Präsident und Regierung verantwortlich. In der EU werden alle wichtigen Entscheidungen wie über den 500-Milliarden-Rettungsschirm ESM, über das Schicksal von EU-Staaten aber von Dunkelkammern wie dem Gouverneursrat, der Euro-Gruppe oder einer Troika gefällt. Und wenn es um Aussenpolitik wie im Fall Ukraine geht, dann erledigen das die Aussenminister von Deutschland und Frankreich, die freundlicherweise ihren polnischen Kollegen mitnehmen. Die EU-Aussenkommissarin Ashton, pardon, die «Hohe Vertreterin der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik Baroness Ashton», darf anschliessend nach Kiew reisen und ein dummes Gesicht angesichts des Schlamassels machen, das ihre Kollegen angerichtet haben. Während das Parlament sowieso nichts zu sagen hat. Aber immerhin: ob sogenannte rechtspopulistische und angeblich «europafeindliche» Parteien die Wahlen gewinnen oder nicht, das spielt überhaupt keine Rolle. Schattenboxen im Tunnel verdiente mehr Aufmerksamkeit als diese Wahlen.
Schattenboxen
Heissa, in einem Monat wählt Europa. Ein Parlament, das keins ist.