Zum hektischen, schrillen und bunten Kunstbetrieb bildet die Sammlung Oskar Reinhart „Am Römerholz“ in Winterthur mit Grandezza das Gegenteil. Dazu passt die ruhige Lage hoch über der Stadt. Die Erhabenheit des Gartens, der Villa und der Werke erlauben es, auf attraktiv gemeinte Events zu verzichten, auf angeblich verführerische Marketing-Blendereien und auf Provokationen, die dann doch zu oft kläglich beim Diminutiv enden.
Einfach Kunst
Es geht einfach um Kunst im Spitzenrang: um bildende, plastische und architektonische Kunst, um Gartenkunst und – ja auch – um die Kunst der Gastfreundschaft im Café.
Aus diesen Gründen ist das „Römerholz“ mein Lieblingsmuseum. Mich interessiert die Kernsammlung mit den Impressionisten und ihren Vorläufern durchaus, aber es ist die Summe der gebotenen Eindrücke, derentwegen ich immer wieder ein begeisterter Besucher bin. So wenig sich das Museum verändert, abgesehen von sanften baulichen und technischen Erneuerungen, so sehr verändern sich die gewonnenen Erfahrungen.
Mal ist es diese Bildergruppe, die mich in den Bann zieht, mal eine andere. Je nach Jahreszeit wechselt die Atmosphäre. Unentdeckte Details springen in die Augen. Das scheinbar stets Gleiche ist stets überraschend in Bewegung. Der Besucher wird zum Kurator.
Einzigartiges Ensemble
Das wunderbare Gegenteil des heutigen Museumsbetriebs begann weitsichtig vor hundert Jahren. Oskar Reinhart (1885-1965), einer kunstsinnigen und mäzenatisch tätigen Winterthurer Handelsdynastie entstammend, kaufte als junger Mann die ersten Bilder.
1924 erwarb er als Wohnsitz und Sammlungsort die Villa „Am Römerholz“ und beauftragte deren Architekten, den Genfer Maurice Turrettini, mit dem Anbau einer Gemäldegalerie. Die Gebrüder Mertens aus Zürich gestalteten den Garten.
Die Sammlung, die den Weg von den Vor-Impressionisten in die Moderne nach höchsten Qualitätsansprüchen mit über 200 Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen dokumentiert, und die Villa, deren Repräsentatitivät zu den herausragenden Beispielen grossbürgerlicher Wohn- und Lebenskultur zählt, schenkte Oskar Reinhart der Eidgenossenschaft mit der Auflage, das Ensemble dem Publikum zu öffnen. Die sich daraus ergebenden Pflichten erfüllte und erfüllt der Bund geradezu mustergültig.
Augen- und Gaumenfreude
Ein Sommer-Sonntag würde sich besonders empfehlen, sich das „Römerholz“ neu oder wieder zu erschliessen. Dann lässt sich eine kostenlose Führung mit einem – nicht kostenlosen – Frühstück im Museumscafé verbinden.
Mit Wetterglück reicht der Blick von der Terrasse bis in die Voralpen. Die nahen Ansichten im Museum und die weite Aussicht draussen beleben die Gedanken.
www.bundesmuseen.ch/roemerholz