Schauen wir zunächst mal zu unserem grossen Nachbarn im Norden. Deutschland als Zahlmeister in der Euro-Krise braucht Geld. Das holt sich der Staat bei Pensionskassen, Versicherungen und auch Banken. Durch regulatorische Vorschriften wie Solvency II oder Basel II und III sind diese Anleger dazu gezwungen, in vermeintlich sichere Staatsanleihen oder Pfandbriefe zu investieren. Eine zehnjährige deutsche Bundesanleihe wirft aktuell einen Zinssatz von 2,97 Prozent ab. Nach Abzug der Abgeltungssteuer von über 25 Prozent auf die Nominalrendite bleiben 2,15 Prozent, weniger als die aktuelle Inflation von 2,3 Prozent in Deutschland. Der Investor verliert also Geld damit, dass er dem Staat Geld leiht. Die nicht gerade als systemkritische bekannte «Welt» titelt dazu: «Der Staat raubt den Sparern unbemerkt Milliarden.» Wissenschafter nennen diesen staatlichen Raubzug «finanzielle Repression».
Und anderswo?
Das gleiche Prinzip wenden auch die USA oder Japan an, um nur zwei Beispiele von hoch verschuldeten Industriestaaten zu erwähnen. Amerika steht mit über 12 Billionen Franken in der Kreide, diesen Sommer droht zudem der Staatsbankrott. Japan ist prozentual das am schlimmsten verschuldete Industrieland der Welt. Dort legen die Sparer ihr Geld in erster Linie bei der Post an. Das Staatsunternehmen schaufelt diese Anlagen in Billionenhöhe in Staatsanleihen; Schatzpapiere mit zehnjähriger Laufzeit werfen dabei einen lächerlichen Zinssatz von einem Prozent ab. In beiden Ländern, und nicht nur dort, verliert der Gläubiger Geld damit, dem Staat Geld zu leihen. Gleichzeitig übertrifft die Summe der Sozialversprechen der meisten Industriestaaten, also in erster Linie Rentengarantien, das Bruttoinlandprodukt um das bis zu Siebenfache. Das ist ein anderer Ausdruck für: unbezahlbar. Und dabei ist das alles nur ein aktueller Eindruck zu Zeiten von eher sanfter Inflation. Wen es gerne erschauert, der stelle sich die Auswirkungen vor, wenn das Herstellen von weltweit tausenden von Milliarden Neugeld früher oder später Inflationsraten im zweistelligen Bereich auslösen wird.
Aber doch nicht in der Schweiz
Und wie steht es denn auf der Insel der Glückseligen? Hierzulande sind rund 700 Milliarden Franken Rentenkapital bei Pensionskassen und Lebensversicherungen angelegt. Im Schnitt erzielten Pensionskassen im Jahre 2010 eine Performance von 2,95 Prozent, bei einer Jahresteuerung von 0,7 Prozent und einem Soll-Ziel von netto 3,7 Prozent für eine Sicherstellung der Vorsorgeleistungen. Öffentlich-rechtliche Pensionskassen weisen im Schnitt einen Deckungsgrad von mageren 91 Prozent, privat-rechtliche von ungenügenden 106 Prozent auf. Da diese nicht über Staatsgarantien verfügen, wäre ein Deckungsgrad von 115 Prozent das Minimum, um gegen Marktschwankungen abgesichert zu sein und die Auszahlung von 100 Prozent Leistungsverpflichtungen garantieren zu können. Ernstzunehmende Berechnungen gehen davon aus, dass ein zukünftiger Rentner von jedem einbezahlten Franken noch 65 Rappen als Pension ausbezahlt bekommt. Auch hier natürlich nur unter der Voraussetzung, dass keine rauschende Inflation das Kapital wegschmelzen lässt.
Profitiert denn niemand?
Sicher gibt es Profiteure. Gelegentlich krimineller Art, wie die Bestechungsaffäre um die BVK des Kantons Zürich zeigt, bei der ja nicht nur Schmiergelder gezahlt, sondern auch noch Investments in dreistelliger Millionenhöhe in den Sand gesetzt wurden. Aber es gibt auch legale Bereicherungsmöglichkeiten bei der Verwaltung und Anlage von solchen Riesensummen. Neuere Berechnungen ergeben, dass beim Schweizer Pensionskassensystem Gesamtkosten von 5,7 Milliarden Franken entstehen. Alleine für Vermögensverwaltung geben PKs 3,9 Milliarden Franken oder 0,56 Prozent des investierten Kapitals aus. 33 Prozent dieser rund 4 Milliarden fallen bei sogenannten «alternativen Anlagen» an, das sind Hedgefonds, strukturierte Produkte und anderes Gebräu aus der Hexenküche moderner Finanzderivate. Obwohl hier nur 6,4 Prozent des Gesamtvermögens angelegt sind, verdienen sich damit Berater, Finanzintermediäre wie Banken oder Vermögensverwalter dumm und dämlich. Dabei gilt: Je höher die Kosten, desto tiefer die realisierte Nettorendite.
Düstere Aussichten für Rentner
Einerseits schröpft der Staat Zwangssparer, indem er ihnen via Pensionskasse ihr Geld abknöpft und im besten Fall nicht mal Zinsen dafür zahlt, im zweitschlechtesten Fall sogar das Kapital mit Inflation verringert. Im schlechtesten Fall, wenn der Staat bankrott geht, ist der Altergroschen ganz weg. Andererseits müssen Vorsorgeeinrichtungen versuchen, durch Investitionen in potenziell hochriskante Anlageformen die nötige Rendite zu erzielen, um ihren Rentenversprechen nachkommen zu können. Auch hier besteht die Gefahr des Totalschadens. Da ist guter Rat für den Rentner teuer. Vielleicht sollte er es mal mit Roulettespielen versuchen. Notfalls mit russischem Roulette.