Am 14. September 1515 verlor die 13-örtige Eidgenossenschaft gegen die Franzosen die Schlacht bei Marignano. 500 Jahre später steht uns die Schlacht um die richtige Interpretation der Niederlage bevor. Die Nationalratswahlen werden den Streit befeuern.
Den Mythologen kommt das Gedenken zupass, den Rückzug der Schweiz aus der europäischen Politik und den Beginn der Neutralität zu feiern und beides als ewige Modelle für die jeweils nächste Zukunft zu idealisieren. Getreu der Inschrift auf dem vor einem halben Jahrhundert bei Mailand errichteten Marignano-Denkmal: "Ex Clade Salus" - "Aus der Niederlage das Heil".
Die Realisten wenden ein, die Eidgenossenschaft habe sich durch den mit König Franz I. geschlossenen Friedensvertrag alles andere als neutral Frankreich unterworfen und sich die europäischen Märkte geöffnet. Im Übrigen erkläre sich die Niederlage aus der zerrissenen Alten Eidgenossenschaft und deren Unfähigkeit, sich militärisch und politisch zu erneuern.
So notwendig das Ringen um die historische Wahrheit ist, so wenig eignet es sich für die parteipolitische Instrumentalisierung und dafür, die Niederlage patriotisch zu überhöhen und aus ihr Glück und Segen für eine isolierte Schweiz abzuleiten. Marignano war eine Wende, aber kein Lehrstück für die heutige Positionierung unseres Landes in der Welt.