Nicht unerwartet bei einem, der die Welt von oben sieht, drängten vor allem auch Dachlandschaften ins Bild. Oft übernimmt das Dach Aufgaben der Fassade; Architekten sprechen daher vom Dach gern als fünfter Fassade eines Gebäudes.
Kein Dach des 20. Jahrhunders ist diesem vergleichbar. Eigentlich hat das Opernhaus der Stadt Sydney gar kein Dach – es ist Dach. An seinem Dach wäre der Bau fast gescheitert. Der dänische Architekt Jörn Utzon hatte 1957 den Wettbewerb mit einer blossen Skizze gewonnen. Deren Verwirklichung ab 1959 forderte die damals verfügbare Bautechnik heraus. Namentlich die eleganten Dachschalen machten Kopfzerbrechen. Lochkarten-Computer rechneten 18 Monate lang an deren Krümmung herum, 44 Zeichner fixierten begleitend die Änderungen in weit über tausend Plänen.
Wen wundert’s: Kostenüberschreitungen waren da kein Wunder. Utzon, den die Bauherrschaft zum Start der Bauarbeiten gezwungen hatte, bevor alle technischen Probleme gelöst waren, warf 1966 schliesslich das Handtuch. Er kehrte nie mehr nach Australien zurück, nie sah er sein Werk in situ. Die wie Segel 67 Meter hoch aufragenden, mit 1,1 Million glasierten weissen Keramikfliesen verkleideten Dachflächen wurden zur Ikone der Stadt – und wohl ganz Australiens. Der Bau wird zurzeit, und noch bis 2026, gründlich erneuert.
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