Um die Verbundenheit mit der Westschweiz zu demonstrieren und die Diskussion um die Abschaffung von Frühfranzösisch zu entschärfen, fordern einige Politikern, den Schüleraustausch zwischen den Regionen zu fördern. Solche Aufenthalte im Umfeld der zu erlernenden Sprache, verbunden mit persönlichen Kontakten, erleichtern und vertiefen bekanntlich das Lernen.
Allerdings sind Sprachaufenthalte teuer und für ganze Klassen eine logistisch anspruchsvolle Angelegenheit. Insbesondere dann, wenn die Tauschpartner respektive Landesteile nicht gleich gross sind. Den guten politischen Vorsätzen werden deshalb kaum gesamtschweizerisch Taten folgen. Umso näher liegt es, sich auf eine praktische Möglichkeit zu konzentrieren, welche ohne viel Aufwand die Sprachenkenntnis und das Verständnis zwischen den Sprachregionen verbessern kann.
Erfolgreicher Austausch Brasilien-USA
Eine Lösung besteht in Online-Partnerschaften mit Menschen der jeweils andern Sprachregion. Als Beispiel kann eine brasilianische Sprachschule aufgeführt werden, die zusammen mit einer Werbeagentur ein Projekt entwickelte, bei welchem zwei Bedürfnisse gleichzeitig befriedigt werden. Junge brasilianische Sprachschüler verbessern ihre Englischkenntnisse, indem sie alten Menschen in den USA die Langeweile vertreiben.
Die Idee ist bestechend und die Umsetzung auch. Schülerinnen und Schüler der Sprachschule CNA in Brasilien können ihre neu erworbenen Sprachkenntnisse nutzen und in der Praxis einsetzen, indem sie sich via Video-Chat mit alten Pensionären und Pensionärinnen in den USA austauschen (Link zur Quelle).
Gerade weil die Idee so simpel ist, erstaunt es, dass sie nicht breit eingesetzt wird. Grade Bildungspolitiker wären gut beraten, sich mit dem Aufbau elektronischer Sprachplattformen auseinanderzusetzen.
Nidwaldner Bildungsdirektor setzt auf Austausch
Wenn die Initiative zur Abschaffung des Frühfranzösisch angenommen würde, so der Nidwaldner Regierungsrat und Bildungsdirektor Res Schmid, plane Nidwalden, dass die Schüler einzeln einen Sprachaustausch bei einem «Gschpändli» im Welschland machen. Dabei würden sie in der Familie wohnen und gemeinsam in die Schule gehen. «Das gleiche geschieht dann umgekehrt in Nidwalden. Damit ist das ganze fast kostenneutral.»
Entsprechend begeistert ist Res Schmid von diesem Austausch, den der Kanton Nidwalden schon seit zwei Jahren auf freiwilliger Basis mit dem Wallis betreibe. Das sei, so Res Schmid, wirkungsvoller als Online-Kontakte. «Durch diesen Austausch wird die Sprache gefördert, eine andere Region und Kultur kennengelernt, und es entstehen sicher viele Freundschaften.»
Logistische Überforderung vermeiden
Dass die Westschweiz rasch überfordert sein könnte, wenn alle Deutschschweizer Schulen ihre Klassen in die Romandie schicken würden, entkräftet er mit dem Argument: «Natürlich können das nicht alle machen, aber ich bin der Meinung: Es sollen zuerst einmal so viele gehen, dass die Romandie gesättigt ist, dann haben wir den Röstigraben schon ziemlich zugeschaufelt.» Und überhaupt würden Jugendliche die neuen Kommunikationskanäle eh nutzen, wenn Sie mal einen Kontakt in der Westschweiz hätten.
Das Experiment der brasilianischen Sprachschule zeigt allerdings, dass man mit wenig Aufwand eine nachhaltige Sprachkompetenz vermitteln und zudem kulturübergreifende Sozialkontakte fördern kann. Die neuen Kommunikationsmittel müssten hierfür strukturiert und regelmässig über die gesamte Schulzeit in der Sekundarstufe genutzt werden. – Für Kantone, welche kein umfassendes Austauschprogramm organisieren können oder wollen, ist dies eine attraktive Alternative.