Einem Aperçu des Publizisten Ambrose Bierce zufolge ist Krieg Gottes Methode, den Amerikanern Geografie beizubringen. Oder eben auch nicht. Gemäss einer Umfrage der Firma Public Policy Polling sagen 30 Prozent jener Republikaner, die in den Vorwahlen für Präsidentschaftskandidaten stimmen wollen, sie würden es befürworten, „Agrabah zu bombardieren“.
Agrabah? Agrabah ist Schauplatz des 1992 in den Kinos gekommenen Disney-Films „Aladdin“. Es ist „eine Stadt der Geheimnisse, des Zaubers und der feinsten Waren diesseits des Flusses Jordan“. Zu Agrabahs Sehenswürdigkeiten zählen, wie es sich für eine Stadt im Orient gehört, der exotische Sultanspalast und der wuselige Basar. So weit, so harmlos.
Hauptsache Bösewichte sterben
Weniger harmlos aber die Bereitschaft eines Segments republikanischer Wähler, Länder zu bombardieren, die sie – unausgesprochen - jener „Achse des Bösen“ zurechnen, die George W. Bush nach den Anschlägen von 9/11 definiert hat. Und sei das Ziel solcher Luftangriffe der stärksten Armee der Welt auch nur fiktiv wie im Falle Agrabahs. Hauptsache, Bomben fallen, Raketen zischen und Bösewichte sterben – Kollateralschäden hin oder her. Bye-bye, Agrabah baby!
Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode. Die Haltung ignoranter Republikaner widerspiegelt die Militanz ihrer Präsidentschaftskandidaten. Diese überbieten sich gegenseitig im Versuch, dem Feind gegenüber hart und kompromisslos aufzutreten. Senator Ted Cruz (Texas) zum Beispiel befürwortet ein Flächenbombardement der syrischen Stadt Raqqa (wo notabene Hunderttausende Zivilisten leben), um den Islamischen Staat (IS) zu zerstören. Er wolle, sagt er, herausfinden, „ob Sand auch im Dunkeln glühen kann“.
Drohnenangriffe auf Mexiko
Nun listet dem „Guardian“ zufolge eine Statistik des renommierten Council on Foreign Relations akribisch auf, welche Präsidentschaftskandidaten (einschliesslich der demokratischen Bewerber) wo und weshalb den Einsatz militärischer Mittel fordern. Während die meisten dieser Politiker Luftangriffe und einige auch die Entsendung von US-Bodentruppen im Nahen Osten befürworten, überrascht der frühere Neurochirurg Ben Carson mit dem Vorschlag, in Mexiko Drohnenangriffe zu starten, „um die Höhlen zu zerstören, die dazu benutzt werden, die Späher und die Leute zu verstecken, die all diese illegalen Aktivitäten erleichtern.“ Gemeint sind nicht die Terroristen des IS, sondern die Schlepper, die illegale Einwanderer über die Grenze nach Norden schmuggeln.
Der Fairness halber sei festgehalten, dass solche Militanz nicht dem Pentagon entspringt. Im US-Verteidigungsministerium mehren sich dem Vernehmen nach die Stimmen hochrangiger Offiziere, die ihren Dienst quittieren würden, sollte etwa Donald Trump ins Weisse Haus einziehen und Oberkommandierender der Streitkräfte werden.
"Er ist wirklich in Idiot"
Nach über einem Jahrzehnt blutiger und verlustreicher Einsätze in Afghanistan und im Irak verspüren die Befehlshaber wenig Lust, sich erneut in militärische Abenteuer zu stürzen, die zudem von Leuten angeordnet würden, die in Washington DC in sicherer Entfernung sitzen und den Krieg nur vom Hörensagen kennen.
Und was sagt am Ende Groucho Marx alias Rufus T. Firefly, in der Filmkomödie „Duck Soup“ (1933) Präsident des fiktiven Staates „Freedonia“, über Chico Marx alias Chicolini, den geschwätzigen Spion des erfundenen Nachbarstaats Sylvania: „ Gentlemen, Chicolini hier redet vielleicht wie ein Idiot und sieht vielleicht aus wie ein Idiot, aber lassen Sie sich davon nicht täuschen: Er ist wirklich ein Idiot.“ Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Republikanern ist rein zufällig und nicht beabsichtigt.