„Die Bewohner von Kogelo im Westen Kenias betrachten Obama immer noch als einen der ihren“, erzählt Thomas Wheeler vom Südafrikanischen Institut für Internationale Beziehungen. Hier starb Obamas Vater und hier lebt auch heute noch seine 90-jährige Großmutter. Als der Sieg ihres Enkels über den kleinen Fernseher flimmerte, brach sie in einen Freudentanz aus. Nur wenige Tage zuvor hatte ein Schamane beim Werfen seiner Knochen Obamas Sieg vorausgesehen und auch bei einem traditionellen Bullenkampf gewann der Bulle „Obama“ über seinen Herausforderer.
Nur ein Blitzbesuch
In Nigeria veranstalteten die Bewunderer des neugewählten US-Staatsoberhaupts Parallelwahlen, in denen Obama ebenfalls gewann. Noch in derselben Nacht sprachen die Präsidenten Nigerias, Kenias und Südafrikas ihre Glückwünsche aus.
Doch nicht überall in Afrika freute man sich dermassen über Obamas Wiederwahl. Ein Malawier kommentierte auf Twitter, Obama sei „so weiss wie alle bisherigen Präsidenten“. Tatsächlich hat Obama auf dem Kontinent die Erwartungen vieler enttäuscht, die sich mehr Interesse des ersten schwarzen Präsidenten an der Geschichte Amerikas erhofft hatten. In vier Jahren im Amt hat Obama bisher nur einmal Afrika besucht. In der ghanischen Hauptstadt Accra bekundete er: „In mir fließt das Blut von Afrikanern.“ Wheeler zufolge hätte man dies überhören und aus Obamas Motivationsrede sein Engagement für Afrika prognostizieren können, als er sagte: „Afrikas Zukunft liegt in den Händen der Afrikaner.“
Seine Stippvisite in Ghana dauerte weniger als 24 Stunden und war Obamas bisher einziger Besuch in Afrika, seit er 2008 ins Amt gekommen war. „In seiner Rede lobte er die freien und fairen Wahlen, die Ghana kurz zuvor abgehalten hatte“, so Wheeler. BBC-Korrespondent Andrew Harding schrieb, wenn Kenia dies nächstes Jahr auch schaffe, sollte man sich auf eine baldige Landung der Air Force One in Nairobi vorbereiten.
Afrika als Risiko
Kritiker messen Obama gerne an seinen beiden Vorgängern George Bush und Bill Clinton. Letzterer implementierte unter seiner Regierung den „Wachstums- und Entwicklungspakt für Afrika“, ein Freihandelsabkommen zwischen den beiden Kontinenten. Ex-Präsident Bush gründete noch in seiner ersten Amtszeit die PEPFAR-Initiative, mit der die US-Regierung den weltweiten Kampf gegen Aids unterstützt. Von 2003 bis 2008 flossen 15 Milliarden Dollar in die Programme, wovon vor allem Afrika profitierte. Obama entwickelte zwar beide Initiativen seiner Vorgänge weiter, doch eine eigene Doktrin, mit der er die Gunst Afrikas gewinnen könnte, fehlt nach wie vor.
Dieses Jahr brachte Obama seine „Africa Policy“ heraus. Dieses neunseitige Regelwerk befasst sich vorwiegend mit Sicherheitsfragen und dem Kampf gegen den radikalen Islamismus in Afrika. Die US-Regierung hegt die Sorge, dass Afrikas Fundamentalisten eine Brutstätte für den weltweiten Terror aufziehen, etwa die Boko Haram in Nigeria, die al-Shabaab in Somalia oder jüngst die Al-Qaida im Maghreb (Aqim) in Nordmali.
China heute wichtigster Handelspartner Afrikas
Viele Afrikaner klagen, die Obama-Administration behandle ihren Kontinent ausschließlich als Sicherheitsrisiko statt als diplomatischen Partner. Thomas Wheeler sieht es objektiv: „Afrikas Erwartungen an Obama waren unrealistisch. Obama wurde nicht von Afrikanern gewählt und er muss sich in erster Linie um die amerikanischen Wähler kümmern.“ Andernfalls hätten ihm diese auch kaum eine zweite Amtszeit beschert, so Wheeler.
Doch auch der Politologe hofft, dass in den nächsten vier Jahren mehr für Afrika herausschaut. Priorität sollten für Obama die wirtschaftlichen Beziehungen zu Afrika haben. In seinem ersten Jahr im Amt hatte China die USA als wichtigsten Handelspartner Afrikas abgelöst. Wollen die USA diesen Vorsprung einholen, braucht es neben einer geänderten Afrika-Strategie rasche Entscheidungen.