Auf die Idee kann nur ein Europolitiker kommen. Soll doch der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) eine Bank werden. Dann kauft er massenhaft Staatsschuldpapiere auf, hinterlegt die als Sicherheit bei der Europäischen Zentralbank (EZB), die ihm dafür à gogo frisches Geld leiht. So sinken die Schuldzinsen für Spanien und Co., die Märkte beruhigen sich, den Spekulanten wird das Handwerk gelegt. Stimmt nicht, geht nicht, löst aber Begeisterung aus. Vor allem in Spanien, Italien und Frankreich.
Euro-Fantasienland
Dass Griechenland auf dem Markt überhaupt kein Geld mehr geliehen bekommt und dass Spanien über 7 und Italien über 6 Prozent Zinsen zahlen müssen, hat seinen Grund. Griechenland ist nämlich pleite; und wer es noch wagt, Spanien oder Italien Geld zu leihen, will dafür eine anständige Risikoprämie. Alle drei Länder haben nicht in erster Linie Geld-, sondern Strukturprobleme. Und die werden logischerweise nicht mit mehr Geld gelöst. Zumindest nicht in der realen Welt. Aber in Euro-Fantasienland will man’s probieren.
Reiner Selbstbetrug
Es hat schon seinen Grund, dass eine Notenpresse dem Zugriff von Politikern entzogen sein sollte. Weil man denen nämlich alles zutrauen kann und muss. Aber wem so ziemlich alle Verträge, Stabilitätskriterien, Eigenhaftung und selbst das Verbot, Euro-Mitgliedern aus der selbst verschuldeten Katastrophe zu helfen, völlig egal sind, wer jedes Wort, das er gibt, sofort bricht, der will natürlich auch an die Gelddruckmaschine. Selbst wenn er das nicht darf. Erleichternd kommt ja hinzu, dass die EZB bereits für über 200 Milliarden Euro Staatsschuldpapiere gekauft hat, wofür man alle Verantwortlichen ins Gefängnis stecken sollte. Also weiter im Selbstbetrug.
Geld ist Vertrauen
Wenn die nächste Billion nur einen Klick entfernt ist, und zum Auslösen nur ein paar kleine Hürden überwunden werden müssen, eben das Spielchen mit ESM und EZB, dann wird gerne vergessen, dass man so die Gelduntergangsmaschine anwirft. Da die Notenbank alleinige Herrin der Geldmenge ist, darf sie nur so viel Geld herstellen, wie mit Vertrauen abgedeckt ist. Und vor allem dürfen Staaten die Geldpresse nicht betätigen, wenn sie überschuldet oder gar zahlungsunfähig sind, weil sie jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt und Misswirtschaft betrieben haben. Das ist so, wie wenn man einen Drogenabhängigen mit Heroin überschwemmt, um ihn von seiner Sucht zu heilen. Bei Junkies und Staaten ist das Ergebnis nicht unähnlich.
Einmaleins
Schulden beinhalten das zukünftige Zahlungsversprechen. Dem wird vertraut, wenn mit Krediten Wertschöpfungsprozesse in Gang gesetzt werden, die die Rückzahlung plausibel erscheinen lassen. Die Wahnsinnsidee, die EZB via ESM im grossen Stil Staatsschuldpapiere aufkaufen zu lassen, hat zwei Auswirkungen. Kurzfristig sinken damit die Zinsen. Was weltweit niedrige Zinsen angerichtet haben, weiss man seit mehr als zehn Jahren: ein Desaster. Wenn man darauf noch die Herstellung einer Geld-Sintflut setzt, dann ist das mittelfristige Resultat genauso klar: eine unkontrollierbare Inflation, galoppierende Geldentwertung, völliger Vertrauensverlust, doppeltes Desaster.
Wer vertraut noch den Euro?
Geld beruht auf Vertrauen. Das kann man nicht oft genug wiederholen. Der Euro beruht auf dem Vertrauen, das man den vier grössten Garanten für diese Währung entgegenbringt: Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Zwei davon stöhnen bereits über exorbitante Zinsen für Staatsschulden, Frankreich wird sich ihnen demnächst anschliessen. Bleibt also noch ein einziger Garant. Der will verständlicherweise nicht die gesamte Last schultern, hält aber gleichzeitig verbissen an der Einheitswährung fest. Armes Deutschland.
Hirnrissig
Gerade die Staaten, die dank Niedrigzinsen auf Pump gelebt haben und Multimilliarden sinnlos verrösteten, sollen nun durch Niedrigzinsen dazu angehalten werden, überfällige Strukturreformen anzugehen, aufgeblähte Bürokratien abzubauen, ihre Steuersysteme in Ordnung zu bringen und wirtschaftlich wieder Tritt zu fassen. Und ja keine weiteren Multimilliarden sinnlos zu verrösten. Auf diese Idee muss man erst mal kommen. Was aber noch mehr verblüfft: Eine Reihe namhafter sogenannter Wirtschaftswissenschaftler halten das für eine gute Idee. Auch in dieser Zunft gibt es gewaltiges Sparpotenzial.