Axel Weber, der ehemalige Präsident der Deutschen Bundesbank, hat sich schnell an Schweizer Gepflogenheiten gewöhnt. So kassiert der bislang als Nachfolger Josef Ackermanns gehandelte Finanzprofessor gleich mal 5 Millionen Franken up front. Diesen schönen Brauch nennt man auch «golden Handshake», gerne auch gefolgt vom goldenen Fallschirm beim Abflug. Noch-VR-Präsident Kaspar Villiger schwiemelte etwas von einem «Markt, dem wir uns anpassen müssen».
Ein wenig wirtschaftliches Einmaleins für den Banken-Kaspar und ehemaligen Finanzminister: Weber war eingestandenermassen der einzige Kandidat, wo soll es da einen Markt gegeben haben? Übrigens: Der letzte leitende Manager, der einen ähnlichen Batzen als Einstandsgeschenk erhielt, war unser «Super-Mario» Corti, es folgte das «Swissair»-Grounding. Aber wir wollen die historischen Vergleiche nicht überstrapazieren.
Vergangene Kaspereien
Das Wirken des Auslaufmodells Villiger wird selbst vom FDP-Hoforgan NZZ inzwischen kritisch gewürdigt, also wenden wir uns den Problemen zu, die das deutsche Duo bewältigen muss. Denn die UBS gibt es heute noch, weil ihr jeder Schweizer 10 000 Franken gepumpt hat. Insgesamt 65 Milliarden, in Relation zum Bruttoinlandprodukt der Eidgenossenschaft weltweit die grösste Bankenrettung aller Zeiten. Die Banker dankten diese Hilfe damit, dass sie den Bundesrat dazu verleiteten, via Bankenaufsicht Finma an die USA mehr als 4400 UBS-Kundendaten von US-Steuerzahlern auszuliefern.
Ein klarer Rechtsbruch, wie das Bundesverwaltungsgericht festhielt. Zur Finanzkrise gesellten sich auch noch eine Regierungskrise und eine Krise des Rechtsstaats. Und so nebenbei schleifte die UBS damit das altehrwürdige Schweizer Bankkundengeheimnis. Villiger legte sich als neuer VR-Präsident der UBS schwer ins Zeug, damit der dafür nötige Staatsvertrag mit den USA im Nachhinein im Parlament gebilligt wurde. Die Drohung lautete: Wenn die Kundendaten nicht ausgeliefert werden, könnte die UBS ihre Banklizenz in den USA verlieren und wäre vielleicht schon wieder am Rande des Abgrunds. Das Versprechen war: Damit ist das Problem dann aber vom Tisch.
Und ihre Nachwirkungen
Die jüngsten Aktionen des amerikanischen Justizdepartments und der Steuerbehörde IRS zeigen aber klar, dass das Problem, dass Kundenberater grosser Schweizer Banken in den USA Rechtsbruch begangen haben, überhaupt noch nicht erledigt ist. Aufgrund von Daten, die von der UBS an die USA ausgeliefert wurden, kam vor kurzem ein US-Steuerzahler ins Feuer der US-Justizbehörden, obwohl er damals seine Gelder zur Bank Wegelin transferiert hatte. Gnadenlos, wenn es für eine Anklage nicht reicht, halten die USA weiterhin Bankmitarbeiter von UBS und CS in den USA fest, um sie als sogenannter «material witness», also wichtiger Zeuge, zu vernehmen.
Vor die Wahl gestellt, auf unabsehbare Zeit in den USA bleiben zu müssen und allenfalls sogar eine Strafverfolgung zu gewärtigen, packen diese Banker natürlich aus und liefern weitere Informationen, die über den Fundus an UBS-Kundendaten weit hinaus gehen. Das alles wird darauf hinauslaufen, dass UBS und Co. nochmals einige Milliarden für einen neuen Vergleich mit den USA aufgebrummt bekommen. Ganz zu schweigen von hängigen Milliardenklagen von betroffenen Steuerhinterziehern, Geschädigten von durch die UBS verkauften CDO-Hyposchrottpapieren, von Fehlberatung geltend machenden US-Pensionskassen, usw. usf.
Wer bezahlt die Rechnung?
Aus Gewohnheit, muss man fast sagen, zumindest teilweise der Schweizer Steuerzahler. Denn, clever, clever, die UBS lieferte diese Kundendaten ja nicht selbst an die USA aus, das wäre putzigerweise ein Verstoss gegen das Bankgeheimnis gewesen. Sondern der Bundesrat, unter Federführung des ehemaligen UBS-Kaders Hans-Rufolf Merz, wies die Finma an, die UBS dazu aufzufordern. Was der damalige Finma-Präsident und ebenfalls Ex-UBS-Kadermann mit weiterlaufender UBS-Pension, Eugen Haltiner, nur zu gerne durchführte.
Da freuen sich die Heerscharen von UBS-Juristen sicher schon heute darauf, Haftungsprozesse gegen die Eidgenossenschaft im Fall der Fälle zu führen. Denn die nach wie vor dünnbrüstig kapitalisierte Bank käme wieder in ernsthafte Schwierigkeiten, wenn sie aus eigenen Kräften Bussgelder in Multimillionenhöhe zahlen müsste – die Drohung des Entzugs der Banklizenz in den USA kann ja jederzeit wieder hervorgeholt werden.
Aber der Neue wird es richten
Axel Weber hat bereits als Präsident der Deutschen Bundesbank miterlebt, wie wankende Banken um Staatshilfe gebettelt haben, da bringt er einiges an Erfahrung mit. Falls er 2013 sein Amt antritt, da ist, angesichts der Gesamtlage der UBS, zumindest ein Konjunktiv angebracht, der sich ja auch in der hübschen Einstandszahlung von 5 Millionen ausdrückt, läuft ihm allerdings weiterhin eine Aussage nach, an die der «Tages-Anzeiger» gestern mal wieder erinnerte. Denn 2007 stellte Weber seine Fachkompetenz und analytischen Fähigkeiten mit folgenden Sätzen unter Beweis: «Befürchtungen bezüglich einer Bankenkrise in Deutschland entbehren jeder Grundlage. Das Engagement deutscher Kreditinstitute am amerikanischen Immobilienmarkt ist überschaubar und insgesamt begrenzt. Es konzentriert sich auf Anlagen mit hoher Bonität.»
Na ja, mit Ausnahme der Deutschen Bank mussten kurz darauf die meisten bundesrepublikanischen Bankinstitute mit Multimilliarden Staatshilfe vor der Pleite bewahrt werden. Und was sagt Weber heute zur Zukunft der UBS? Die NZZ zitiert ihn wie folgt: «Ich bin überzeugt, dass die UBS wieder zu einer sehr nachhaltigen Position unter den global führenden Banken zurückfinden wird.» Da wollen wir doch alle hoffen, dass er sich nicht wieder täuscht ...