Die deutsche Regierung hat den Geheimdienst-Beauftragten an der amerikanischen Botschaft in Berlin aufgefordert, das Land zu verlassen. Grund für diesen unter engen Verbündeten höchst ungewöhnlichen Schritt ist die Enthüllung, dass amerikanische Geheimdienste Mitarbeiter im BND und im Verteidigungsministerium zur Spionage angeworben haben.
Die Reaktion von Bundeskanzlerin Merkel auf diese neue Spionage-Zumutung – im vergangenen Jahr war im Zusammenhang mit der Snowden-Affäre herausgekommen, dass der NSA Merkels Mobiltelefon abgehört hatte – demonstriert einmal mehr ihr sicheres Gespür dafür, politische Komplexe klar einzuschätzen und mit Augenmass die richtigen Zeichen zu setzen. Innenpolitisch zeigt sie unmissverständlich, dass sie dass sie nicht davor zurückschreckt, selbst dem wichtigsten und mächtigsten Verbündeten die gelbe Karte zu zeigen, wenn die Situation das erfordert.
Und diese Karte ist auch als aussenpolitisches Signal durchaus am Platz – weniger aus moralischen Gründen als vielmehr wegen Washingtons plumper Missachtung seiner eigenen Bündnisinteressen. Spätestens nach den Enthüllungen um Merkels Handy hätte man im Weissen Haus derart kontraproduktive Wichtigtuereien instinktloser Geheimdienste klipp und klar unterbinden müssen. In der hohen Kunst des politischen Fingerspitzengefühls könnte sich Obama von Merkel eine Scheibe abschneiden.