Die islamischen Länder und eine Reihe anderer Drittweltstaaten forderten den US-Präsidenten heraus, seine wahre Stärke auf der internationalen Bühne unter Beweis zu stellen. Zuvor hatte die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) bei ihrem Gipfeltreffen in Istanbul Ost-Jerusalem zur Hauptstadt Palästinas erklärt. Das war eine Retourkutsche auf Trumps einseitigen Beschluss, ganz Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen.
Die Türkei und Jemen, die den Resolutionsentwurf an der Uno-Generalversammlung einbrachten, wiederholen darin mit keinem Wort den Anspruch der Palästinenser auf Ost-Jerusalem. Die islamischen Staaten wissen, dass ein solcher Antrag ebenso illegal wäre wie die Entscheidung Trumps. In dem von 128 gegen neun Staaten bei 35 Stimmenthaltungen angenommenen Papier steht bloss, dass „der endgültige Status von Jerusalem durch Verhandlungen in Übereinstimmung mit den Resolutionen der Vereinten Nationen geregelt werden muss“. Weiter heisst es darin: „Alle Entscheidungen und Handlungen, die den Charakter, den Status oder die demografische Zusammensetzung der Heiligen Stadt verändern, haben keine legale Auswirkung und sind null und nichtig.“
Kein Erfolg für Trump und Netanjahu
Es wäre keine Dringlichkeitssitzung des Hauptorgans der Uno nötig gewesen, um diese 70 Jahre alten und laufend wiederholten Grundsätze zu bestätigen. Trumps Tabubruch forderte aber eine Reaktion der Staatenmehrheit heraus. Eines der Ergebnisse ist, dass bei der Abstimmung nur sieben Staaten offen die USA und Israel unterstützten: Guatemala, Honduras, die Marshall-Inseln, Mikronesien, Nauru, Palau und Togo. Ein eindrücklicher Erfolg Trumps und Netanjahus ist das nicht.
Dazu wurde bekannt, dass die USA die Stimme von Honduras durch einen faulen Deal gewonnen haben: Sie anerkannten am Freitag den des Wahlbetrugs beschuldigten Juan Orlando Hernandez als rechtmässigen Präsidenten des zentralamerikanischen Landes.
Die Schweiz stimmte Ja
Die Schweiz stimmte wie die EU-Staaten mit Ausnahme Polens, Ungarns Tschechiens, Kroatiens, Lettlands und Rumäniens für die Resolution. Letztere enthielten sich der Stimme. Insgesamt 35 Staaten übten Stimmenthaltung, darunter Kanada, Mexiko, Argentinien und Australien. Das ist ein relativer Erfolg für Trump. Er zeigt, dass etliche Staaten wegen einer unbedeutenden Uno-Resolution über den archaischen Streit um Jerusalem nicht ihre Beziehungen zu Washington aufs Spiel setzen wollen.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Uno hatten die USA unverhohlen gedroht, Ländern, die für die Resolution stimmen, mit dem Entzug der Wirtschaftshilfe und anderer Zuwendungen zu bestrafen. Trump bekräftigte die von seiner Uno-Botschafterin Nikki Haley ausgesprochene Drohung und fügte hinzu: „Das wird uns eine Menge Geld sparen.“
21 Drückeberger
Nach den Statistiken der Regierungsbehörde USAID zahlte Washington 2016 befreundeten Ländern insgesamt 38 Milliarden Dollar an Militär- und Entwicklungshilfe. 13 Milliarden Dollar gingen in den Nahen Osten und nach Nordafrika, weitere 13 Milliarden nach Afrika südlich der Sahara. Als Gegenleistung erwarten die USA zumindest eine politische Dividende.
In diese Zwickmühle geraten, drückten sich 21 Staaten vor der Abstimmung, darunter die Ukraine und Georgien. Dabei waren die Botschafter dieser Staaten noch kurz zuvor im Versammlungssaal gesehen worden. Vielleicht wollten sie sich nur ein kleines Geschenk abholen, das Mitarbeiter der israelischen Vertretung auf die Pulte der 193 Uno-Mitglieder legten: Duplikate antiker jüdischer Münzen, die den Anspruch auf Jerusalem als „ewige und unteilbare Hauptstadt Israels“ untermauern sollte.
Trump zeigte sich gegenüber seinen Unterstützern und den Stimmenthaltenden auf seine Art erkenntlich: Er lud die Vertreter dieser 64 Staaten – nach den Worten der Chefdelegierten bei der Uno „zum Dank für ihre Freundschaft mit den Vereinigten Staaten“ – zu einem festlichen Empfang am 3. Januar ein.