Ruth Enzler war im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen um das ACS-Präsidium Opfer einer Boulevardkampagne, Edgar Schuler erkrankte an einem Hirntumor. Ihr Werk war damals schon im Entstehen begriffen; aus Theorie wurde unvermittelt schmerzhafte Erfahrung.
Emotional und kämpferisch
Doch anlässlich der Buchpremiere im Hotel „Savoy“ in Zürich standen nicht Autorin und Autor im Mittelpunkt des Interesses, sondern zwei Gäste, welche die beiden seinerzeit, neben acht weiteren Betroffenen, zum Thema Krisenbewältigung interviewt hatten: Monisha Kaltenborn, die frühere Teamchefin des Sauber-Rennstalls sowie Sepp Blatter, der frühere Präsident des Weltfussballverbands (Fifa).
Im Buch selbst nimmt der theoretische Teil grösseren Raum ein als die zehn Gespräche. Auf dem Podium im „Savoy“ dagegen dominierte die gelebte Erfahrung: Von Edgar Schuler befragt und von Ruth Enzler kommentiert, erzählten Monisha Kaltenborn und Sepp Blatter, wie es ihnen seit jenen Interviews ergangen war, als die Krise noch virulenter war. Dabei zeigte sich, wie unterschiedlich Krisen bewältigt werden: eher distanziert und analytisch im Falle der früheren Leiterin der Sauber Motorsport AG, eher emotional und kämpferisch beim auf sechs Jahre hinaus suspendierten Fifa-Präsidenten.
„Die Karosserie ist geflickt“
Für Monisha Kaltenborn ist das Thema Formel 1 wohl abgeschlossen. Ihr sei es, erzählte sie, vor ihrem Abgang in erster Linie darum gegangen, das Überleben des Rennstalls und dessen Arbeitsplätze zu sichern – kein leichtes Unterfangen, stand sie doch, als Chefin eines KMU, im Mittelpunkt eines unverhältnismässig grossen Medieninteresses. Ihr Fall sei mit jenem Sepp Blatters wohl kaum zu vergleichen.
Den Walliser traf seine Suspension nach 41 Jahren Tätigkeit im Rahmen der Fifa ungleich härter – dies umso eher, als Blatter nach wie vor überzeugt ist, nichts Unrechtes begangen zu haben. Zwar habe ihn das Medientribunal längst verurteilt, argumentierte der 81-Jährige. Das hindere ihn aber nicht daran, weiter für seine Rechte zu kämpfen. Auch sei er heute, nach der Suspension vorübergehend erkrankt, gesundheitlich wieder auf dem Damm: „Die Karosserie ist geflickt.“ Besser als die Einstufung als „past president“ des Weltfussballverbandes gefalle ihm die Charakterisierung als „legendary president“ der Fifa.
Auf Widerspruch stiess Sepp Blatter mit seiner Einschätzung, dass Frauen Krisen besser bewältigen könnten als Männer. Dafür gebe es, sagte Ruth Enzler, keine Belege. Einig ging die Psychologin mit dem Funktionär in der Schlussfolgerung, dass es bei der Bewältigung einer Krise hilfreicher ist, die richtigen Fragen zu stellen, als lediglich gutgemeinte Ratschläge zu erteilen. Wichtig sei vor allem, so Enzler, alte Denkmuster abzulegen und neue Perspektiven auf belastende Sachverhalte zu entdecken. Was auch helfe, schloss Monisha Kaltenborn: „Stur bleiben.“
Ruth Enzler Denzler/Edgar Schuler: „Krisen erfolgreich bewältigen – Wie Führungskräfte in Wirtschaft und Politik Schicksalsschläge überwinden“. Berlin: Springer, 2017. 289 Seiten.