Wir berichten hier aufgrund nicht offiziell bestätigter Pressemeldungen, diese Einleitung muss vorausgeschickt werden. Sie besagen allerdings, dass der Schweizer Bundesrat wieder einmal mit Notrecht Tausende von Unterlagen von Schweizer Banken an die USA ausgeliefert hat. Inklusive nicht geschwärzte Namen von Hunderten von Bankmitarbeitern, die US-Steuerzahler betreut haben. Das solle dazu dienen, die Gesprächsatmosphäre zu «entkrampfen», liess Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf verlauten. Diese Datenaktion sei «im Interesse der Bankmitarbeitenden», lässt sich CS-Sprecher Marc Dorsch zitieren. Ach ja?
An der Spitze seiner Truppen
In den guten alten Tagen warf sich der General an der Spitze seiner Truppen in die Schlacht. Im modernen Schweizer Banking sieht das etwas anders aus. Laut «Der Sonntag» ist Walter Berchtold, langjähriger Chef der Vermögensverwaltung der Credit Suisse, mit wehenden Fahnen an die Front, beziehungsweise in die USA, gereist. Aber nicht, um seinen Fusstruppen ein Beispiel zu geben oder um den Finanzplatz Schweiz zu verteidigen. Sondern um verteidigt von einer Riege von Anwälten mit einem Deal seine persönliche Zukunft und Reisefreiheit zu sichern. Es ist der gleiche Berchtold, der bereits beim Skandal um Schweizer Lehman-Opfer bewies, dass ihm seine Kunden völlig egal sind. Passt ins Bild, dass das natürlich auch für seine Untergebenen, die CS-Banker, gilt.
Hat schon Tradition
Bereits beim Fall UBS hätte damals die Möglichkeit bestanden, dass die Führungsspitze der Bank persönlich Verantwortung übernimmt. Und unter Gefährdung der eigenen Freiheit und des eigenen Portemonnaies in den USA für die systematischen Rechtsbrüche von UBS-Mitarbeitern hingestanden wäre. Wie man eigentlich angesichts von Multimillionengehältern hätte erwarten können. Denn diese wurden und werden ja mit dem ungeheuerlichen Risiko und der übermenschlichen Verantwortung begründet, die auf den Schultern von Bank-Bossen lasten. Der damalige UBS-Chef, wie hiess er doch gleich, oder einer seiner diversen Nachfolger, wie hiessen sie doch gleich, hätten, um die Bank zu retten, höchstpersönlich Kundendaten ausliefern können. Damit hätten sie gegen Schweizer Gesetze verstossen und zumindest ein paar unangenehme Wochen mit Fussfessel oder im Knast in den USA verbracht. Aber eine Krise des Schweizer Rechtsstaats verhindert. Kam ihnen aber nicht im Traum in den Sinn.
Angestellten-Mentalität
An Walter Berchtold und all seinen Vorgängern und aktuellen Brüdern im Geiste an der Spitze von Schweizer Grossbanken lässt sich ein grundlegendes Problem des modernen Banking exemplifizieren. Sie tun so, als seien sie verantwortungsbewusste Unternehmer, Wirtschaftsführer, die für weitreichende und schwierige Entscheidungen zugegebenermassen üppig, aber angemessen bezahlt werden. In Wirklichkeit sind sie dummdreiste Angestellte. Von Beraterheeren aufgehübscht zu gewaltigen Wirtschaftskapitänen, Unternehmerpersönlichkeiten, Visionären, Strategen, Leistungs- und Entscheidungsträgern. Aber hinter dieser glitzernden Fassade geht es ihnen bloss um die Insignien der Macht. Das wohlbestückte Vorzimmer, die Anzahl der Personal Assistents, die Grösse des Lear-Jets, der Yacht, die Anzahl der Ferienhäuser und, natürlich, die Optimierung des Einkommens. Denn sie wissen: Es dauert nicht ewig. Also muss ich abkassieren, solange ich mich an meinem Posten festklammern kann, und nach mir die Sintflut. Das typische Denken eines Lohnabhängigen halt.
Verantwortungslosigkeit
Es ist das alte Lied im Spätkapitalismus. Der Patron, der Besitzer, der persönlich haftende Chef jedes beliebigen KMU handelt und entscheidet anders als der angemietete CEO, COO, CFO oder wie die klingenden Titel mit einem C vornedran auch immer heissen. Und wenn der eigentliche Besitzer ein Heer von im Prinzip machtlosen Aktionären ist, dann schalten und Walten diese Angestellten im festen Wissen darum, dass im schlimmsten Fall der Rausschmiss und eine geschmälerte Abgangsentschädigung droht. Aber die Verantwortlichkeit wird in wohlausgehandelten Haftpflichtversicherungen ausgelagert und endet spätestens mit dem Abgang. Das vorher angerichtete Desaster baden die Besitzer mit beispielsweise von über 80 auf 12 Franken abgestürzten Aktien und notfalls der Steuerzahler aus.
Und die Fusstruppen?
Wir können uns ausmalen, wie im Moment die Stimmung bei den kleinen Angestellten der CS und den anderen im Wirtschaftskrieg mit den USA und Europa stehenden Banken ist. Zum zweiten Mal in der jüngeren Geschichte beweisen ihnen ihre Anführer, die Bosse, dass sie nichts anderes als Kanonenfutter sind. Opferanoden, billige Manövriermasse im Kampf ihrer Häuptlinge um das eigene Wohlergehen. Die eigene Karriere. Und natürlich um das eigene Geld. Wer sich bei Reiterdenkmälern von historischen Schlachtenlenkern auskennt, weiss, dass die Anzahl der sich in der Luft befindlichen Hufe des Pferdes angibt, ob der Reiter in der Schlacht verwundet wurde, gar gefallen ist oder im Bett starb. Bei unseren Bankenführern müssten, mit wenigen Ausnahmen, die Rösser unter ihnen knien. Aber ihnen werden sowieso keine Denkmäler errichtet werden.