Der Vorverkauf für die zahlreichen Veranstaltungen beginnt am 8. Januar. Am 28. Januar, dem Todestag, wird in der Klosterkirche St. Johann in Müstair das zeitgenössische Nachtgebet "Complet" von Gion Antoni Derungs uraufgeführt. Dann folgen Bühnenwerke und eine Ausstellung.
Herrscher des Abendlandes
Karl der Grosse, 747 oder 748 geboren und 814 in Aachen gestorben, war ab 768 König des Fränkischen Reiches - mit der heutigen Schweiz in dessen Mitte - und ab 800 römischer Kaiser. Er gilt als einer der bedeutendsten Herrscher des Abendlandes, reformierte neben der Verwaltung, Kirche und Bildung auch das Münzwesen und schuf die Grundlagen unserer Kultur. Mutmasslich stiftete er u. a. das Kloster St. Johann in Müstair, das wegen seiner romanischen Fresken 1983 in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Es macht also Sinn, mit den Gedenkanlässen in der Val Müstair zu beginnen.
Suche nach dem Menschen Karl
Die Verantwortung für die Veranstaltungsreihe liegt hauptsächlich bei der in der Oberhalbsteiner Burg Riom domizilierten Kulturinstitution Origen, die sich mit ihrem alljährlichen Festival Cultural den Ruf erwarb, überraschungsreich kreativ zu sein.
Jede Epoche, hält Origen fest, deutete den genialen Imperator auf ihre Art. "Wir tun dies im 21. Jahrhundert und zeichnen Karl als brutalen Schlachtengänger und besorgten Familienvater, als bizarren Badekönig und eifrigen Kulturreformer, als heiliggesprochenen Ehebrecher und mythische Herrscherfigur". Es gehe darum, "den Menschen Karl zu finden, ihn für die Bühne neu zu erfinden, frisch und unorthodox".
Monastisches Nachtgebet
Die Benediktinerinnen im Kloster Müstair gedenken ihres Stifters seit je an dessen Todestag am 28. Januar in aller Stille. Jetzt, 1.200 Jahre nach dem Hinschied, ziehen sie die Öffentlichkeit mit ein. Das von Clau Scherrer geleitete Ensemble Vocal singt die Complet, das monastische Nachtgebet, in der Komposition des Bündners Gion Antoni Derungs. Er schrieb sie als sein letztes Werk, bevor er im September 2012 77-jährig verstarb.
"Complet" wird am 29. Januar im Grossmünster Zürich und am 30. Januar in der Klosterkirche Disentis wiederholt.
Oper, Spiel und Freilichttheater
Vom 19. Juni bis 7. August führt Origen in Müstair auf der Klosterwiese in einer rekonstruierten karolingischen Kirche die Eigenproduktion "David" auf, eine sich mit Karls Kaiserkrönung auseinandersetzende Operncollage, in der "sich zeremonieller Ritus, karolingische Historie und davidsche Legende, gregorianischer Gesang und barocke Arien" vermischen.
Im Juli soll auf dem Hauptplatz von Müstair die Commedia-Truppe aus dem Haus Dimitri unter dem Titel "Die Weisse Schlange" die Zürcher Karls-Legende nachspielen.
Die Überlieferung will, dass Karl im ausgehenden 8. Jahrhundert auf dem Umbrailpass in einen Schneesturm geriet und aus Dankbarkeit, ihn überlebt zu haben, das Kloster stiftete. Origen nimmt dieses Thema im ebenfalls eigenproduzierten Freilicht-Musiktheater "König im Schnee" auf, das - so die Finanzierung klappt - zwischen dem 14. März und 5. April in der Seenlandschaft Silvaplanas geboten wird.
Fresken und Buchmalerei im Vergleich
Das Klostermuseum in Müstair widmet der karolingischen Architektur vom 25. Mai bis 2. November eine Ausstellung. "Opus Sacrum" erlaubt den Vergleich der packenden sakralen Ornamentik mit der Buchmalerei des 8. und 9. Jahrhunderts und will "die Klosterkirche als Ort mit imperialem Anspruch des karolingischen Herrscherhauses im zentralen Alpengebiet" neu erlebbar machen.
Der Vollständigkeit halber sei hingewiesen auf die noch bis am 2. Februar dauernde Ausstellung "Karl der Grosse und die Schweiz" im Landesmuseum Zürich.
Programmliche Einzelheiten unter www.info.muestair.ch; www.origen.ch und www.karl.landesmuseum.ch