Die Ackerböden sind derzeit genug abgetrocknet, so dass man sie mit schwerem Gerät befahren kann, ohne allzu grosse Schäden im Unterboden zu verursachen. Die Kantone betreiben ein Messnetz, um den Bauern Angaben über den aktuellen Feuchtezustand der Böden zu geben. Regelmässig werden Daten über den Feuchtezustand erhoben, ausgewertet und auf Webseiten mit einfacher Symbolsprache dargestellt.
Abbildung: Bodenfeuchte am Beispiel des Messnetzes OSTBoden, am 7. April 2020 (www.bodenfeuchte-ostschweiz.ch/)
Früher, als sie noch mehrheitlich zu Fuss oder mit dem Ackergaul unterwegs waren, spürten die Bauern direkt, ob der Boden tragfähig war und ob man pflügen konnte oder nicht. Mit den heutigen Maschinen geht das kaum mehr. Man sitzt hoch oben über dem Boden auf einem gut gefederten Sitz in einer lärmgeschützten Kabine, wenn möglich mit Kopfhörern und Musik, während unter einem oder hinten ein angehängtes Gerät die lärmige Arbeit verrichtet. Die Versuchung ist gross – zum Beispiel aus arbeitswirtschaftlichen Überlegungen –, auch zu einem ungünstigen Zeitpunkt den Acker zu befahren.
Der Eingriff par excellence
Pflügen ist ein symbolträchtiger Begriff im Ackerbau. Es handelt sich um einen Eingriff in den Boden par excellence, um die schwerste, energieaufwendigste Arbeit auf einem Ackerbaubetrieb. Denn mit dem Pflug wird der Oberboden ausgehoben und um 270 Grad gewendet. Die Ackerscholle wird herausgeschnitten, mit einem kunstvoll geschwungenen Blech gedreht und kopfüber hingelegt, angelehnt an die vorhergehende Scholle. Das führt zu diesen parallelen Streifen eines fertig gepflügten Ackers. Je nach Grösse und Kraft des Traktors ist der Pflug ein- oder mehrscharig. Mit dem Pflügen wird oft Mist oder Gülle in den Boden eingearbeitet. Diese wurden vorher auf dem Ackerboden verteilt. Damit erhält die nachfolgende Kulturpflanze eine Düngergabe, welche die Nährstoffe liefert.
Pflügen ist aber mehr als das: Es ist der wirksamste Eingriff in die Ackerkultur, um mit den Unkräutern fertig zu werden; diese werden nämlich regelrecht vergraben. Zudem werden durch das Wenden des Bodens Unkrautsamen aus vorherigen Jahren ans Licht gebracht und zum Keimen angeregt. Es gilt dann, mit Striegel und andern Geräten diese frisch gekeimten Unkräuter gleich auszureissen und so Platz zu machen für die Hauptkultur.
Gestörtes Bodenleben
Beim Pflügen wird leider der Boden von den schweren Maschinen zusammengepresst. Besonders der Unterboden wird in Mitleidenschaft gezogen. Dies unter anderem, weil ein Hinterrad des Traktors während des Pflugvorgangs auf dem Unterboden aufliegt und dort Halt sucht (deutlich zu sehen auf der Abbildung ganz oben).
Ist es zu feucht oder gar nass, reagiert der Unterboden plastisch und verformt sich stark. Es bildet sich eine glatte, zusammenpresste oft tonreiche und damit schwere Platte. Wiederholt sich der Eingriff, entsteht dort mit der Zeit eine fast undurchdringliche Pflugsohle, welche den Austausch von Luft behindert, den Regenwürmern das tiefe Graben verunmöglicht und den frisch untergebrachten Mist an der Zersetzung hindert. Die Wurzeln der Nutzpflanzen können diese Pflugsohle meist nicht durchwachsen. Zuckerrüben zum Beispiel weichen ihr seitlich aus und bilden eine rechtwinklige Rübe, die beim Ernten oft wegbricht.
Der Boden wird so in Mitleidenschaft gezogen, das Bodenleben ist gestört und die Erträge gehen zurück, auch breiten sich Pflanzenkrankheiten aus. Dies versuchen die Landwirte zu verhindern, indem sie den Reifendruck anpassen oder seitlich Gitter oder Doppelräder anbringen. Auch kommen leichtere Maschinen zum Einsatz. Es gibt auch Pflüge, die so angehängt sind, dass kein Rad in der Pflugfurche fährt. Mit einer angepassten Fruchtfolge und ein paar Jahren Kunstwiese kann dem Problem der Verdichtung begegnet werden; das bedingt allerdings eine mehrjährigen Planung und eine angepasste Betriebsform.
Pfluglose Methoden im Kommen
Seit einigen Jahren versucht nun die Landwirtschaft, neue ganzheitliche Methoden auszuprobieren. Die Rede ist von Direktsaatverfahren, dem sogenannt pfluglosen Anbau, auch als konservierende Landwirtschaft bezeichnet. Eine internationale Gemeinschaft von Forschern und Praktikern verfolgt diese neuen Ansätze (englisch «no till»). Mehr und mehr Landwirte lassen sich überzeugen von dieser Art der Bodenbearbeitung. (1)
In der Schweiz sind eine Handvoll Agrarfachleute aus verschiedenen Kantonen federführend in dieser Methode. (2) Langjährige Versuche werden durchgeführt und Messungen vorgenommen über den Zustand der Böden. Das Verhalten des Bodens, respektive die Pflugsohle, der Gehalt an organischer Substanz und andere Parameter werden beobachtet. Es zeigt sich, dass die Erträge in der gleichen Grössenordnung sind, wenn nicht gar leicht grösser als beim Anbau mit dem Pflug. Zudem sind pfluglos angebaute Böden besser geschützt vor Verdichtung und Bodenerosion.
Natürlich ist auch der pfluglose Anbau nicht ganz problemlos. Insbesondere machen die Unkräuter zu schaffen. Der Boden wird ja nicht mehr gewendet. Wohl wird er oberflächlich aufgerissen, um ein Saatbeet hinzukriegen. Das hindert aber die Unkräuter kaum. Also muss man sie mit Herbiziden (z. B. Glyphosat) entfernen. Doch kommt ein solches Vorgehen zusehends in Verruf. Versuche mit frühzeitiger Untersaat von Zwischenfrüchten sind ebenfalls erfolgversprechend, weil sie die Unkräuter behindern. Nur darf die Hauptkultur nicht darunter leiden.
Für den Biolandbau, der noch so gerne auf die Pflugarbeit verzichten würde, ist dieser Weg vorläufig versperrt, weil man in diesem Produktionssystem keine chemischen Unkrautvertilgungsmittel einsetzen darf. Deshalb werden seit einiger Zeit vielversprechende neue Ackergeräte entwickelt, mit denen es gelingen könnte, zwischen den Reihen der keimenden Hauptkultur den Boden zu bearbeiten, um so den Beikräutern zu begegnen. Auch Untersaaten und Mischkulturen werden erfolgreich eingesetzt. Mulchsaat ist so ein Verfahren: Komposte, Ernterückstände und organische Dünger werden als Mulchschicht verteilt, was die Beikräuter ebenfalls hemmt.
Sollten die neuen pfluglosen Methoden von der breiten Landwirtschaft übernommen werden, müsste man von einer Agrarrevolution sprechen. Was vor etwa 4’000 bis 6’000 Jahren zum Ackerbau mit dem Pflug führte, wird nun abgelöst von einer neuen Technik. Erstaunlich ist eigentlich nur, dass diese nicht früher einsetzte.
(1) So ganz neu ist dieser Ansatz nicht: im ersten Weltkrieg wurde ein südfranzösischer Bauer namens Jean bekannt, der seinen Betrieb pfluglos bewirtschaftete. Sogar deutsche Agrarfachleute reisten hin, um sich die „Methode Jean“ vor Ort anzusehen.
(2) SWISS NO-TILL; Schweizerische Gesellschaft für bodenschonende Landwirtschaft (www.no-till.ch); für Deutschland siehe unter www.oekolandbau.de