Elisabeth Sobotka, die Intendantin der Bregenzer Festspiele, blickt auf den See hinaus, sieht den riesigen Clownkopf in der Kulisse der Seebühne und gibt sich optimistisch. Nach dem Corona-Lockdown des letzten Sommers wird dieses Jahr wieder gespielt. «Rigoletto» steht auf dem Programm. Wetter hin oder her. Jetzt erst recht, lautet die Devise.
Und wie ist der Gemütszustand in den letzten Tagen vor der Festspiel-Eröffnung bei Elisabeth Sobotka angesichts der dunklen Wolken einerseits und der fieberhaften Proben-Tätigkeit andererseits? Fatalismus, oder doch Euphorie …?
«Euphorie natürlich!». Elisabeth Sobotka strahlt. «Es kommt einem vor, als sei es 100 Jahre her seit dem letzten Mal, gleichzeitig ist es, als wäre die letzte Vorstellung erst gestern gewesen … das Zeitgefühl ist ganz merkwürdig. Aber die Freude, wieder zu spielen, ist riesig und diese Freude ist es auch, die alle Mitwirkenden anspornt. Da ist das Wetter zweitrangig …»
75 Jahre Bregenzer Festspiele
Elisabeth Sobotka kann dies mit Nonchalence sagen, denn neben der Seebühne steht bei jedem Wetter das Festspielhaus zur Verfügung. Und dies mit eigenem Programm. Wenn die Intendantin also sagt, diesen Sommer wird gespielt, dann stimmt das. Zumal dieses Jahr auch gleich noch Jubiläum gefeiert wird: Vor 75 Jahren fanden die ersten Bregenzer Festwochen statt, aus denen sich die Bregenzer Festspiele entwickelt haben.
Im wetterfesten Festspielhaus findet am 21. Juli dann auch die eigentliche Eröffnungspremiere statt: «Nero», eine Oper von Arrigo Boito. Es geht dabei um den römischen Kaiser Nero, eine der berüchtigtsten Figuren der Kulturgeschichte. Boito hat 56 Jahre lang mit diesem Werk gerungen, uraufgeführt wurde «Nero» erst nach Boitos Tod, und zwar 1924 in der Mailänder Scala, unter der Leitung Arturo Toscaninis.
Am 22. Juli geht’s dann mit Giuseppe Verdis «Rigoletto» auf die Seebühne. Ein Dauerbrenner in Sachen Publikumsbeliebtheit. Es ist die Wiederaufnahme der spektakulären Inszenierung aus dem Jahre 2019, und Elisabeth Sobotka ist überglücklich, dass das Bühnenbild die durch Corona um ein Jahr verlängerte Wartezeit schadlos überstanden hat, obwohl es die ganze Zeit im Wasser ausharren musste. Neu hinzugekommen ist die Dirigentin Julia Jones. «Das freut mich persönlich ganz besonders, denn ich kenne sie schon sehr lang. Wir haben gemeinsam an der Berliner Staatsoper gearbeitet. Ich freue mich unglaublich, dass sie sich auf das Wagnis und das Abenteuer einlässt.»
Miteinandererleben
Freude herrscht offenbar auch beim Publikum. «Der Kartenverkauf ist vergleichbar mit den letzten Festspielen vor zwei Jahren», sagt Elisabeth Sobotka. Mehr als 80 Prozent der Karten sind bereits verkauft. «Rigoletto ist auch für die Nachwuchssänger eine gute Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln», sagt sie. «Vor sieben Jahren haben wir unser Opernstudio gegründet, mit Meisterklassen unter der Leitung von Brigitte Fassbender.» Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Konzerte und Theaterveranstaltungen bis zum 22. August, denn die Bregenzer Festspiele finden nicht nur auf dem Wasser, sondern auch an Land statt.
Elisabeth Sobotka ist ganz kribbelig vor lauter Vorfreude. Endlich kommt wieder Leben ins Leben … Und welche Lehren hat sie aus der coronabedingten Zwangspause gezogen? «Es ist mir noch klarer geworden, dass die Begegnung von Menschen untereinander das wichtigste ist. Die Kommunikation zwischen Bühne und Publikum, dieses ‘Miteinandererleben’, das hat der Gesellschaft gefehlt, das brauchen wir dringend.» Und sie spricht für ihr ganzes Team, das auf, neben oder hinter der Bühne für die Bregenzer Festspiele tätig ist, wenn sie sagt: «Es ist so schön, wenn man das, was man sich vornimmt und vorbereitet hat, auch wirklich umsetzen kann. Durch Corona haben wir gelernt, dass dies nicht selbstverständlich ist. Das gibt einem einen Energieschub. Und das ist einmalig. So fühlt sich Glück an!»
Und ein bisschen schönes Wetter dazu, würde das Glück noch vervollkommnen …
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