Die «Friedensberatungen», wie die Verhandlungen offiziell genannt werden, zwischen der al-Hadi Regierung und den Huthis haben in Kuwait begonnen. Die Delegation der Huthis mit ihren Verbündeten aus der Partei des ehemaligen Staatschefs Ali Abdullah Saleh traf am Donnerstagabend verspätet ein. Sie hatten sich zuerst geweigert, die Reise nach Kuwait anzutreten, indem sie erklärten, sie wollten erst abreisen, wenn die Luftangriffe der saudischen Koalition beendet seien. Schliesslich liessen sie sich von den Uno-Vermittlern überreden, doch noch nach Kuwait zu fliegen. Die Saudis versicherten ihrerseits, sie würden nur dann bombardieren, wenn die Gegenseite den Waffenstillstand breche.
Waffenstillstand «zu 70 Prozent»
Dieser Waffenstillstand, der den Verhandlungen vorausging, hatte offiziell am 11. April begonnen. Doch er war oft gebrochen worden. Zurzeit, so sagen die von beiden Seiten bestimmten Waffenstillstandsbeobachter, werde er zu 70 bis 80 Prozent eingehalten. Die Hauptausnahme ist die Stadt Taez, die von Pro-Regierungsmilizen gehalten und von Huthi-Kräften umzingelt ist. Dort und rund um die Stadt dauern die Kämpfe an. Auch in Nahm, wo die Front am nächsten an die von den Huthis gehaltene Hauptsstadt Sanaa heranreicht, ist die Lage so angespannt, dass die Waffenruhe unsicher bleibt.
Offenbar herrscht nach wie vor Uneinigkeit über die Agenda der Friedenskonsultationen. Nach Ansicht der al-Hadi-Regierung und auch des Uno-Vermittlers, Ould Scheikh Ahmed, sollten die Gespräche sich auf Grundlage der Sicherheitsratsresolution 2216 abwickeln. Diese Resolution fordert, dass die Huthis ihre eroberten Gebiete zurückgeben, ihre schweren Waffen an die staatlichen Militärs abliefern und dass eine alle Seiten berücksichtigende jemenitische Regierung gebildet werde.
Streit um die Agenda der Verhandlungen
Die Huthis sind jedoch der Ansicht, die Waffenruhe habe Priorität. Sie fordern auch, dass der Boykott Jemens durch die saudische Koalition beendet werde und dass die Sanktionen, welche der Sicherheitsrat über den Expräsidenten verhängte, beendet würden, bevor die politischen Gespräche beginnen. Im Interesse der Huthis liegt auch, zuerst über die Bildung einer allgemein akzeptierbaren Regierung zu sprechen und dann über die Rückgabe von Gebieten und Waffen.
Der Uno-Vermittler versucht die bestehenden Gegensätze über die Agenda dadurch zu überbrücken, dass die beiden verhandelnden Delegationen jeden Verhandlungspunkt in getrennten Sondergruppen behandeln, wodurch die verschiedenen Punkte gleichzeitig angepackt werden können. Dieser komplexe Lösungsansatz – nur schon für den Streit um die Agenda – macht klar, wie schwierig es sein wird, eine Übereinkunft zu finden.
Erfolgreiche Regierungsoffensive gegen AQAP
Während dies in Kuwait vor sich geht, hat die al-Hadi-Regierung, unterstützt durch die saudische Koalition, eine Offensive im jemenitischen Süden begonnen, wo die Jihadisten von AQAP (al-Qaida on the Arabian Peninsula) sich im Schatten des Bürgerkrieges einnisten konnten. Die Offensive, die von Apache-Kampfhelikoptern unterstützt wurde und an der auch Truppen und Kriegsmaterial der Arabischen Emirate beteiligt sind, kam rasch voran. Nach blutigen Zusammenstössen im Vorfeld von Zinjibar, der Hauptstadt der Nachbarprovinz von Aden, konnten die Regierungstruppen ohne Widerstand in Zinjibar und in die naheliegende Gebirgsstadt Jaar einziehen.
Sie nahmen auch Mukallah, die nach Aden bedeutendste Hafenstadt des Südens, kampflos ein. Es heisst, die dortigen Stadtbewohner hätten die AQAP-Kämpfer dazu «überredet» ihre Stadt zu räumen, um sie nicht der kriegerischen Zerstörung aussetzen. Ob diese Überredung auch mit Geld erfolgte, wurde nicht gesagt, wäre aber nicht überraschend. Zahlungen, um Schlachten zu vermeiden, gehören zur jemenitischen Kriegstradition.
AQAP zurück in die Wüste
Die AQAP-Kämpfer zogen Richtung Hadramauth ins Innere der Wüste ab. Wahrscheinlich haben sie erkannt, dass sie gegen die hochgerüstete Übermacht der saudischen Allianz keine Chancen haben, Gelände zu bewahren. So kehrten sie zu ihrer früheren Strategie zurück, sich in der Wüste verstreut und versteckt zu halten und Anschläge zu organisieren. Ihr Rivale, der IS, hat seinerseits in Jemen die Klandestinität nie verlassen und ist daher auch dem Zugriff der schweren Waffen und Bombenflugzeuge der Saudis sowie der amerikanischen Drohnen nicht ausgesetzt.
Die AQAP-Strategen mussten sich sagen, wenn sie mit ihren Anhängern und Kämpfern um Städte und Ortschaften Krieg führten, liefen sie Gefahr grosse Verluste zu erleiden und dazu noch bei der Bevölkerung unbeliebt zu werden, während der IS als Untergrundmacht im Verborgenen überleben könnte. Dies könnte ein weiterer Grund dafür sein, dass AQAP weitgehend kampflos aus den bisher beherrschten Ortschaften abzog. Jedenfalls befindet sich nun Mukallah, eine Hafenstadt mit 200’000 Bewohnern, überraschend schnell in der Hand der Regierungstruppen.