Der seit einem Jahr wirkende Intendant Benedikt von Peter und sein Leitungsteam wollen ausgewählte Produktionen der letzten Spielzeit nochmals auf die Bühne bringen.Pandemiebedingt konnten diese nur wenig Publikum erreichen. Neun Stücke – Oper, Schauspiel, Ballett – werden während sechs Wochen nochmals gespielt, insgesamt 46 Vorstellungen zu günstigen Sonderpreisen.
Dazu will ein Rahmenprogramm sowohl vor als auch im Theaterfoyer des Grossen Hauses dem Basler Publikum eine Art Festivalstimmung vermitteln. Bis jetzt habe ich bei Besuchen allerdings wenig davon feststellen können. Die „Extrabar by Nomad“ auf dem Theaterplatz dümpelt (bei happigen Preisen) vor sich hin, im neuen Theatercafé im Foyer treffen sich am Nachmittag nur wenige Freundinnen zum Kaffeeklatsch, der einsame Dance-Floor im Foyer wird sich hoffentlich an vorstellungsfreien Abenden füllen. Ob die Einführungen zu den Stücken unter dem Label „Extra-Wochen“ mehr sein werden als die seit Jahren üblichen Dienstleistungen und und allenfalls ein Festival-Feeling erzeugen werden, ist abzuwarten.
Metamorphosen
Hoffnung ist aber berechtigt im Blick auf die zum Teil hochkarätigen Produktionen, die während dieser sechs Wochen wieder aufgenommen werden. Eine davon ist das bejubelte Schauspiel „Metamorphosen“ nach Ovid. Der Regisseur Antú Romero Nunes gehört zum neuen vierköpfigen Leitungsteam des Schauspiels Basel. Seine Beschäftigung mit antiken Stoffen hatte ihm bereits 2018 einen Erfolg beschert: Die Produktion „Die Odyssee – eine Irrfahrt nach Homer“ war im gleichen Jahr ans Berliner Theatertreffen eingeladen worden.
Und nun also einer der gewaltigsten antiken Stoffe überhaupt. Geschaffen hat die in Hexametern verfasste Dichtung zwischen 1 und 8 n. Chr. der römische Dichter Publius Ovidius Naso, genannt Ovid. 12’000 Verse in 15 Büchern, gefüllt mit 250 Mythen und Dichtungen der griechisch-römischen Überlieferung – das hat Antú Romero Nunes für die Bühne bearbeitet. Das schwer zu fassende Thema der immerwährenden Verwandlung allen Seins, ob von Göttern oder von Erdbewohnern, wird nach über 2000 Jahren in einen Schauspielabend von dreieinhalb Stunden gepresst. Ist das Basler Team der Selbstüberschätzung anheimgefallen, der Hybris, welche eine grosse Rolle spielt in diesem antiken Wechselspiel von Macht, Begierde, Rache und Strafe? Wie lassen sich diese Metamorphosen, die ständige Verwandlung des Existenten in das Fiktive, Unmögliche, Irreale darstellen? Richtig. Mit Theater eben.
Ein Lied, das niemals endet
Nunes, der auch für die Regie zeichnet, erarbeitete mit elf hochmotivierten Schauspielerinnen und Schauspielern sowie den Komponisten Anna Bauer und Johannes Hofmann eine Bühnenfassung, welche vom Publikum viel Mitdenken fordert, aber in einzelnen Szene auch in wirksame Clownerien und sogar baslerisch-lokales Augenzwinkern (Äolos-Szene) umschlagen kann. Besonders positiv überraschen neben den darstellerischen die Gesangsqualitäten der Schauspieltruppe. Durchgehend findet Nunes zu all diesen Verwandlungen aber auch höchst ästhetische Bilder, nicht zuletzt dank der wirkungsvollen Kostüme von Victoria Behr.
Wie die verwandelten Menschen der Antike überzeugt waren, dass sie nach ihrer Verwandlung, also ihrem Tod, ihr eigenes Wesen in einer neuen Daseinsform behalten würden, wünschen auch wir uns, dass die Theater – wie seit zweieinhalbtausend Jahren – ihre Metaphern weiterspinnen und in immer neue Formen überführen. In diesem Sinne: Auf in die nächste Spielzeit! Pandemie hin oder her.
Theater Basel: Metamophosen. Nach Ovid
Nächste Vorstellungen. 25. und 26. August, 3. und 4. September, 12. September
Die neue Spielzeit 2021/22 wird eingeläutet mit einem Theaterplatz-Fest am 11. September: „Ein Quartier feiert Kultur“.