Zum dritten Mal erlebt Bern einen grossartigen "Sons et Lumières"-Spektakel. Im Mittelpunkt steht das Bundeshaus. Grau und nüchtern, über 100 Jahre alt, eine feste Burg, in der Regierung und Parlament zu Hause sind. Ein helvetisches Schloss, fest verankert im bernischen Boden. Politische Stürme und Beben lassen die Mauern nicht wanken.
Landesmutter Helvetia wacht. Jetzt soll sie den Nationalhelden und Armbrustschützen Wilhelm Tell heiraten. Doch Helvetia liebt einen Uhrmacher. Tränen fliessen in Strömen, sie überfluten die Fassade des Bundeshauses. Das ist in groben Zügen skizziert die Geschichte, die in eine magische Ton und Lichthülle verpackt ist. So verwandelt sich allabendlich, jeweils zweimal, um 19.00 Uhr und um 20.30 Uhr, für eine knappe halbe Stunde das Bundshaus in ein faszinierendes Zauberschloss.
Die Schau ist eine fiktive Reise zu Schweizer Legenden und Sagen. Eine sagenhafte, amüsante Geschichte, bestehend aus etwa einem Dutzend unterschiedlichen Sequenzen, die sich nahtlos ineinanderfügen. Wenn alle Lichter erlöschen auf dem Platz, wie beim Basler Morgenstraich, dann verwandelt sich die Bundeshausfassade in eine Art Leinwand auf der die Bilder in rascher Folge sich jagen und wechseln. In einem atemberaubenden Rhythmus verzaubert eine turbulente Symphonie von Licht, Farben und Tönen den ganzen Platz. Zu Beginn ertönt die Stimme des Berner Troubadours Mani Matter. Er singt das Lied „Dynamit“, doch der Palast wird nicht gesprengt. Knallartig erfolgt aber der Auftakt der Show.
28'500 Bilder und ein paar Pannen
Das Spektakel wurde speziell für Bern erfunden. Und zwar bei der Starlight Events in Kilchberg ZH. Eine Zürcherin, Brigitte Roux und ein Basler, Urs Gysin haben dieses Berner Wunder geschaffen. Die technische Umsetzung erfolgte in der Bretagne. Schliesslich verzaubern die Franzosen seit Jahren ihre berühmten Kathedralen und Schlösser mit den Sons et Lumières-Spektakeln und beleben so jeweils auch den Tourismus.
Während etwa drei Monaten arbeiteten bei der französischen Firma „Spectaculaires Allumeurs d’images“ 14 Grafiker am Projekt. Sie haben eine Show von etwa 28'500 Bildern konzipiert und programmiert. Eine verblüffende Bilderflut millimetergenau auf das Bundeshaus zugeschnitten. Trotz Präzisionsarbeit kam es vor kurzem zu technischen Pannen und die sagenhafte Schau musste für ein paar Tage abgebrochen werden.
Politischer Clin d’oeil…
Die Zahnräder eines Uhrwerkes, die sich während der Lichtschau an der Spitze der Fassade drehen, und das lustige Treiben der Bären, die Trapeznummer der Zirkusvorstellung usw. dürfen als eine Art kabarettistischer und karikaturistischer Hinweis auf das politische Innenleben des Hauses angesehen werden.
Typisch eidgenössisch ist das Happy End: Helvetia heiratet niemanden. Sie bleibt der Freiheit und Unabhängigkeit für immer treu. Schliesslich hat ja auch ein SVP-Ständerat, Hannes Germann, als „Zensor“ gewirkt und die Geschichte nach politischer Korrektheit untersucht…
Abend für Abend sind laut Veranstalter etwa 9'000 Personen auf dem Bundesplatz versammelt um den gratis Kulturanlass zu verfolgen. Insgesamt werden etwa eine halbe Million Zuschauerinnen und Zuschauer erwartet. Leider ist das Licht- und Tonspektakel nur für eine kurze Zeitspanne angesagt und findet nur noch bis zum 1. Dezember statt. Am Vorabend des Berner Zibelemärit und am Markttag selber (24 und 25. November) entfallen die Vorführungen. Grund für die beschränkte Programmierung: Die Wintersession der Räte mit zahlreichen Abendsitzungen braucht eine nüchterne Fassade. Das Spektakel findet dann wieder im Inneren des Hauses statt…