Autoritäre Regime bedienen sich immer auch im populistischen und nationalistischen Giftschrank, um ihre fehlende demokratische Legitimation zu kompensieren. Je autoritärer, desto nationalistischer. Weil Putin immer mehr Macht in seiner Person vereinigen will, beschwört er das Bild vom grossrussischen Bären mit gottgewolltem eurasiatischem Mandat. Xi Jinpings Durchmarsch in seinen persönlichen Neo-Maoismus nennt er den „chinesischen Traum“. Das in Nordkorea extrem verwirklichte „L’état, c’est moi“ des uneingeschränkten Diktators floriert in nur leicht abgeschwächter Form auch in Zentralasien.
Relativ neu ist aber plumper Populismus und ausgrenzender Nationalismus auch in Staaten des Grossraums Asien-Pazifik, welche bislang demokratische und rechtsstaatliche Spielregeln, allenfalls lokal angepasst, grundsätzlich befolgten. Die Instrumente von Populismus und Nationalismus variieren dabei von Fall zu Fall, ihnen gemeinsam ist aber das Ziel: noch mehr Macht, noch mehr Geld und dazu noch künftige Immunität für jene, welche bereits an den Schalthebeln sitzen.
Islamische, nationalistische Emotionen
Unschön präsentiert sich das entsprechende aktuelle Bild in mehreren Asean-Staaten. Die Generäle in Thailand benützen den jungen Strohpuppen-König – und damit das von der Nation verehrte monarchische Prinzip –, um weiterhin ohne Wahlen an Machtpfründen und Geldtöpfen festhalten zu können. Der über alle Massen korrupte Premierminister von Malaysia schürt islamische Emotionen, um von der grossen, runden Milliarde abzulenken, welche, auch via schweizerische Vermittler, in seine Tasche anstatt in die Entwicklung des Landes – den Fonds 1MDB zur Förderung der Wirtschaft des Landes – geflossen ist.
Islamischer und nationalistischer Emotionen bedienen sich auch breiteste politische Kreise in Indonesien, welche in den letzten Wochen beängstigende Grossdemonstrationen gegen den chinesischstämmigen und christlichen Gouverneur der Hauptstadtprovinz Jakarta entweder selber organisierten oder diese jedenfalls passiv unterstützten. Ein trauriges Bild in einem Land, welches bislang, wiewohl mit terroristischen Ausreissern, als Hort eines gemässigten Islam galt.
Unterschiedslos ermordet
Duterte in den Philippinen setzt sein populistisches Versprechen, Drogen auszumerzen, so um, indem Täter, Mitläufer und Konsumenten unterschiedslos, aber mit staatlicher Genehmigung ermordet werden. Der „Yankee Dollar“ und seine Symbole werden von ihm grob beschimpft und bedroht, ohne Rücksicht darauf, dass westliche Investitionen, und vor allem die Rimessen der oft in den USA tätigen Ausland-Filipinos seinem Staat buchstäblich das Überleben sichern.
Ein schmerzliches Thema ist auch die Behandlung von Minderheiten im Asean-Staat Myanmar, wo der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi immer dringender, und wohl auch berechtigterweise vorgeworfen wird, buddhistischen Exzessen gegen die islamische Minderheit der Rohingya tatenlos zuzusehen.
Massive Aufrüstung in Japan
Sogar in grossen Ländern der Region, welchen bislang demokratische und menschenrechtliche Freipässe ausgestellt werden konnten, macht sich Populismus breit. So in Japan, wo der rechtskonservative Premierminister Abe mit Hilfe nationalistischer Beschwörung eine massive Aufrüstung betreibt in einem Land, welches Pazifismus in der Verfassung verankert hat als Antidote auf ungezügelten Militarismus und daraus resultierender Nuklearkatastrophe.
Australien als klassisches Einwanderland hatte während den rund dreissig Jahren von 1980 bis 2010 eine „farbenblinde“ Immigrationspolitik betrieben. In klassischer Anwendung des nationalen Mottos eben, welches einen „fair shake for everyone“ vorsieht. Dies hat sich nun, unter den zwei letzten konservativen Regierungen gründlich geändert. Einwandern kann nur, wer ganz spezifische Kenntnisse hat, (meist) weiss ist oder zumindest viel Geld mitbringt. Syrische Flüchtlinge werden kaum aufgenommen, Bootsflüchtlinge enden auf elenden Atollen im Pazifik.
„Vater aller Populisten“
Und nun werden plötzlich, mit dem überraschenden Wahlausgang in den USA, die asiatischen Populisten vom „Vater aller Populisten“ in den Schatten gestellt. Interessanterweise stellt sie die Wahl von Donald Trump vor ein Dilemma. Auf der einen Seite werden sie bestärkt in ihrer Überzeugung, dass mit heftigem Fahnenschwingen und unmöglichen, aber populären Versprechen eine Volkswahl gewonnen werden kann. Auf der anderen Seite kommt das nicht erwartete und von Washington selbst eingeläutete und nicht von Beijing erzwungene Ende der „Pax americana“ im Pazifik schneller und wohl auch unbequemer, als sie sich das vorgestellt haben.
Nun müssen sie sich entweder China in die Arme werfen, was wohl in keinem asiatisch-pazifischen Staat eine Volksmehrheit will. Oder dann selbst, und unter erheblichen Kosten, aufrüsten, ohne automatisch auf den grossen amerikanischen Beschützer vertrauen zu können, wenn das „Reich der Mitte“ seine Gebiets- und Machtansprüche einmal handfest durchsetzen will.
Ob da typisch asiatisches Aussitzen von Problemen wirklich hilft?