Es waren die grössten Massenproteste seit Beginn des Gaza-Krieges. Hunderttausende Menschen haben am Sonntag in Israel demonstriert. Auslöser war der Fund von sechs umgebrachten israelischen Geiseln.
Alle Angestellten des öffentlichen Dienstes wurden aufgerufen, die Arbeit am Montag zu verweigern. Auch der internationale Flughafen in Tel Aviv wird bestreikt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll so unter Druck gesetzt werden, damit dieser seine Bemühungen für die Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen erhöht. Aufgerufen zum Generalstreik hatte der israelische Gewerkschaftsbund.
Die sechs Leichen waren am Samstag in Rafah im südlichen Gazastreifen gefunden worden. Es handelt sich um Menschen, die am 7. Oktober von der Hamas entführt worden waren. Eine der Geiseln war ein amerikanisch-israelischer Staatsbürger. Die radikal-islamische Hamas macht Israel für den Tod von Geiseln verantwortlich. Die israelische Regierung sei nicht willens, eine Vereinbarung über eine Waffenruhe abzuschliessen, sagt der Hamas-Vertreter Issat al-Rischk. Netanjahu erklärte: «Wer Geiseln ermordet, will keinen Deal.»
Die Demonstranten unterstützen die Familien der Geiseln und fordern endlich einen Waffenstillstand und ernsthafte Verhandlungen über ihre Freilassung. Sie werfen der Regierung Netanjahu vor, den Krieg bewusst in die Länge zu ziehen. Bei Protestkundgebungen am Sonntagabend wurden Feuer entzündet und Strassen blockiert. Die Demonstranten fordern Netanjahu auf, «sofort» ein Geiselabkommen zu unterzeichnen.
Die linksliberale israelische Tageszeitung «Haaretz» titelt: «Die Hinrichtung der Geiseln sollte ein Moment der Abrechnung für Netanjahus Unterstützer sein.»
Das israelische Militär hatte am Sonntag bekanntgegeben, dass sechs israelische Geiseln – Ori Danino, Alex Lubnov, Hersh Goldberg-Polin, Almog Sarusi, Eden Yerushalmi und Carmel Gat – von der Hamas getötet und von israelischen Streitkräften in einem unterirdischen Tunnel im Gazastreifen aufgefunden worden waren.
Nach Angaben der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) befinden sich im Gazastreifen noch 101 israelische Geiseln in Gefangenschaft.