Die weiteren Gewinner sind schnell aufgezählt. Alle Banker, die sich 2011 ein vorläufig letztes Mal kriminell-legal mit Tätigkeiten, die keinerlei Wertschöpfung generierten, Boni, Kommissionen, Kick-backs und wie die Bezeichnungen auch immer heissen, abgreifen konnten. Wir sprechen hier weltweit immer noch von Multimilliarden, obwohl die Geldtöpfe kleiner geworden sind. Dafür wurde die Gier grösser, denn immer mehr Banker merken, dass das wohl nicht lange so weitergehen kann.
Ansonsten ist die Liste der Verlierer lang.
1. Wir alle
Die Occupy-Bewegung, die man wohl auch nicht als nachhaltig bezeichnen kann, brachte es immerhin auf den Punkt: Wir sind 99,9 Prozent. Denn alle Sparer, Gläubiger und vor allem Anwärter auf Sozialleistungen wie Renten mussten erleben, wie sich ihre Rücklagen, Spargroschen und Einzahlungen in Sozialsysteme faktisch halbierten. Nur haben das die meisten noch nicht gemerkt. Aber die Bombe tickt.
2. Die sogenannte Realwirtschaft
Da sich die meisten Banken um ihre wichtigste Aufgabe foutieren, nämlich anderweit nicht gebrauchtes Geld wertschöpfenden Firmen zur Verfügung zu stellen, kranken immer mehr Betriebe daran, dass sie keine Kredite für sinnvolle Investitionen bekommen. Da auch Währungen wie der Euro oder der Dollar Spekulationsblasen bilden, aufgepumpt durch die aberwitzige Herstellung von Neugeld, leiden in einer exportorientierten und globalisierten Wirtschaft vor allem mittelständische Unternehmen. Und jeder Investitionsentscheid, der hinausgezögert wird, rächt sich in naher Zukunft.
3. Die Politik
Was Europa, von den USA ganz zu schweigen, als Reaktion auf die immer schneller erfolgenden Finanzkrisen zustande gebracht hat, ist ein Trauerspiel. Acht Krisengipfel in einem Jahr, reine Zeit- und Geldverschwendung, deren Resultat sich ganz einfach zusammenfassen lässt: null, nichts, nada. Es ist nach wie vor kein Ansatz zu erkennen, wie die kranken Banken, aufgepumpt mit Gratisgeld und völlig ausser Rand und Band geraten, die das ganze westliche Wirtschaftssystem in den Abgrund zu reissen drohen, unter Kontrolle gebracht werden könnten.
4. Die Banken
Auch sie gehören zu den Verlieren, denn sie haben immer mehr von ihren Tätigkeiten, um den wenigen regulatorischen Massnahmen zu entgehen, in den Bereich von sogenannten «Shadow Banks» verlegt. Also Hedgefonds oder Zweckgesellschaften, in die alle Risiken verlagert werden, die selbst die zahnlosen staatlichen Regulierungsbehörden bei einer offiziellen Bank zum Eingreifen zwingen würden. Solche Schattenbanken verwalten bspw. in den USA bereits mehr als die Hälfte an und für sich stockkonservativer Hypothekenkredite. Auf der anderen Seite werden sie von institutionellen Anlegern wie Verwaltern von Pensionskassenvermögen gefüttert, die verzweifelt Anlagemöglichkeiten suchen, die wenigstens keine Verluste generieren.
5. Die Zinsen
Über Jahrhunderte hinweg war der Zins eine Risikoprämie, die Gläubiger und Schuldner von allzu wildem Agieren abhielt. Seit fast 20 Jahren ist dieses Korrektiv ausser Kraft gesetzt, durch die verbrecherische Niedrigzinspolitik der wichtigsten Notenbanken der Welt. Der wichtigste Rohstoff der kapitalistischen Welt, das Geld, ist faktisch umsonst zu haben. Das und die weiterhin fehlende Kontrolle der virtuellen Wett-Welt der Derivate führt zu einer Mischung, die explosiver ist als Nitro und Glyzerin.
6. Die Notenbanken
Die FED in den USA, und die Europäische Zentralbank ist ihr dicht auf den Fersen, ist inzwischen der grösste Gläubiger der USA, noch vor China. Damit ist der berühmte «lender of the last resort», also letztlich der Staat, in seinen Grundfesten gefährdet. Wie schon häufig in der Geschichte werden Staatsbankrotte wichtige Volkswirtschaften durchrütteln. Nicht nur in der Dritten Welt, sondern im Herzen Europas. Und diverse US-Bundesstaaten sind bereits heute faktisch oder sogar offiziell bankrott. Damit brechen Infrastrukturleistungen wie öffentlicher Verkehr, Sozialsysteme wie Krankenhäuser, Schulen, Altersheime und möglicherweise auch die soziale Ordnung zusammen. Zivilisiertes Zusammenleben wird durch Faustrecht, durch die Macht des Stärkeren ersetzt.
7. Die Demokratie
Die Anzeichen mehren sich, dass diese ganze Schlamassel nicht mehr innerhalb demokratischer Systeme, wie wir sie in Europa und in den USA seit dem 2. Weltkrieg kennen, aufgeräumt werden kann. Immer mehr Betroffene sehen sich nicht mehr als Beteiligte von Entscheidungen, die sie in ihrem täglichen Leben betreffen. Neben demokratischen Strukturen entstanden vor allem in Europa Dunkelkammern, bürokratische Monster, die sich jedem Mitbestimmungsrecht der Bürger entziehen und ein ungehemmtes Eigenleben entwickeln.
8. Die Wirtschaftswissenschaft
Noch nie war es so offenkundig wie im Jahre 2011: Zu jeder wirtschaftlichen Massnahme gibt es eine Kakophonie sich diametral widersprechender Aussagen der Koryphäen, Professoren und sogenannten Wissenschaftler. Einfachste Begriffe wie Inflation, Währungsparitäten, Markt lösen sich im Vagen und Ungefähren auf. Auf die Frage: Was für Folgen hat eine bestimmte Massnahme, ist die Antwort ist immer die gleiche: Nichts Genaues wissen wir nicht. Das wirkt, das schadet, das funktioniert, das kollabiert, das ist die Lösung, das ist die Katastrophe. Man kann sich die Antwort aussuchen, nach dem Zufallsprinzip. Nur eines ist sicher: Ökonomie ist keine Wissenschaft, sondern mittelalterliches Geraune. Verkleidet in pseudo-mathematischen Formeln und unhaltbaren Axiomen.
9. Die Zukunft
Solange es Glauben und Vertrauen gibt, kann man sich mit Geld Zeit kaufen. Also Schulden machen, um heute nicht gelöste Probleme in die Zukunft zu verlagern. Wenn aber damit nicht Wertschöpfung, sondern Vertagung betrieben wird, können die damit eingegangenen Verpflichtungen zur Rückzahlung nicht eingelöst werden. Es entwickelt sich ein Schneeballsystem, das unaufhaltsam und unumkehrbar zu einer Lawine anwächst. Dass sie über uns hereinbrechen wird, ist unvermeidlich. Wann das geschieht, hängt davon ab, wann Vertrauen und Glauben versiegen.