Das jüngste Kind der Weltorganisation war am 2. Juli unter dem Namen „UN Women“ durch einen einstimmigen Beschluss der Generalversammlung ins Leben gerufen worden. „UN Women“ ersetzt vier Gremien, die sich bisher mit der Gleichberechtigung der Geschlechter und der „Ermächtigung“ (empowerment) der Frauen befassten. Zur Generalsekretärin des neuen Organs ernannte UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon die frühere Präsidentin Chiles, Michelle Bachelet. Die Posten der beiden stellvertretenden Generalsekretärinnen sind noch frei. Wer sich dazu berufen fühlt, kann sich bis zum 15. Januar um die Stellen bewerben.
Diplomatischer Geniestreich
So weit, so gut. Doch schon die Wahl des Führungsgremiums der neuen Organisation, des Exekutivrats, hatte im vergangenen November hitzige Debatten ausgelöst Die Problematik ist ähnlich jener des Menschenrechtsrats: Müssen die Mitgliedstaaten a priori die hehren Ziele des Gremiums erfüllen, um einen Sitz zu bekommen? Oder ist es vernünftiger, auch die in Sachen Menschenrechte und der Gleichberechtigung von Männern und Frauen stark rückständigen Länder in das Unternehmen einzubinden?
Einen „Klub der Reinen“ gründen zu wollen, wäre ohnehin aussichtslos. Die Diskussion über die Wahlkriterien wurde aber schärfer, als sich Iran und Saudi-Arabien um Sitze im Exekutivrat von „UN Women“ bewarben. Zur Verfügung standen ursprünglich je zehn Sitze für Afrika und Asien, je sechs für Lateinamerika und Westeuropa, vier für Osteuropa und fünf für „Hauptbeitragszahler“. Sondierungen unter den 191 Mitgliedern der UNO-Generalversammlung ergaben, dass weder Iran noch Saudi-Arabien Chancen hatten, einen der für Asien bestimmten Sitze zu ergattern.
Beide Länder stehen nicht im Ruf, Vorreiter für die Rechte der Frauen und ihre Stellung in der Gesellschaft zu sein. Da gelang den Taktikern der multilateralen Diplomatie ein Geniestreich, indem sie eine zusätzliche Kategorie für sechs „Contributing countries“, also für grosszügige freiwillige Beitragszahler, schufen. Unter dieser Formel in den Exekutivrat gewählt wurden die USA, Grossbritannien, Mexiko, Norwegen, Spanien und Saudi-Arabien.
Ost-Timor statt Iran
Die Kandidatur Irans wurde mit grosser Mehrheit abgeschmettert. Bei der Abstimmung stach Ost-Timor die Islamische Republik aus. Nach Ansicht westlicher Diplomaten hat dieser Misserfolg nicht unwesentlich dazu beigetragen oder zumindest als Vorwand gedient, dass der iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad seinen Aussenminister Manouchehr Mottaki feuerte.
Am 24. bis 26. Januar wird der Exekutivrat von „UN Women“ zum ersten Mal in New York zusammentreten. Das neue Organ soll hauptsächlich durch freiwillige Beiträge der UNO-Mitglieder finanziert werden. Als Minimum wird ein Jahresbudget von 500 Millionen Dollar angepeilt. Das wäre doppelt so viel, als die vier in „UN Women“ aufgegangenen Organe erhielten. Seinem Auftrag zufolge soll „UN Women“ aber nicht nur die Tätigkeiten ihrer Vorgänger übernehmen, sondern diese „verstärken“.
Die Art, wie einige der 41 Mitglieder des Exekutivrats zu ihrer Schlüsselstellung kamen, gefällt aber nicht allen Kämpfern für die berechtigten Anliegen der Frauen. „Können Regierungen jetzt die Sitze in den Leitungsgremien der UNO kaufen?“, fragen Vertreter von Nicht-Regierungs-Organisationen. In ihren Augen verstossen Privilegien für zahlungskräftige Staaten gegen den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsatz der „souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder“.