Die erst seit 90 Tagen amtierende neue US-Regierung unter Präsident John F. Kennedy hatte den Plan von seinem Vorgänger Eisenhower geerbt. Rund 1500 von der CIA trainierte und von der Mafia mitfinanzierte Exilkubaner landeten in einem schwer zugänglichen Sumpfgebiet 220 km südöstlich von Havanna. Zuvor hatten mit kubanischen Hoheitszeichen versehene US-Militärflieger kubanische Flugplätze bombardiert. Nach der Errichtung eines Brückenkopfes hätte aus Miami eine Exil-Regierung eingeflogen werden sollen, die sofort um «offizielle» militärische Hilfe der USA gebeten hätte. Aber es ging alles schief.
Ein grandioser Triumph für die Revolutionäre
Zwei wichtige Munitionsschiffe wurden bereits am ersten Tag von der durchaus noch existierenden kubanischen Luftwaffe versenkt. Die lokale Bevölkerung lief keineswegs, wie erwartet, zu den vermeintlichen Befreiern über, die hoch motivierten kubanischen Guerillakämpfer bereiteten dem Spuk bereits nach drei Tagen ein Ende, über 1000 Invasoren wurden gefangengenommen. Bis zuletzt hatten sie in verzweifelten Hilferufen per Funk eine direkte militärische Unterstützung durch die USA verlangt. Präsident Kennedy lehnte ab, was bis heute Anlass zu Gerüchten gibt, dass in seine Ermordung zweieinhalb Jahre später Exilkubaner verwickelt gewesen sein sollen.
In einer grandiosen öffentlichen Verhandlung wurde den überlebenden Angreifern in Havanna der Prozess gemacht. Viele Opfer vom Dikator Batista, den Castro verjagt hatte, traten als Zeugen auf und erkannten in Dutzenden der Invasoren ihre Folterknechte wieder. Castro selbst stellte sich in einem offenen verbalen Schlagabtausch den Gefangenen, was später von Hans Magnus Enzensberger im grossartigen Werk «Das Verhör von Habana» dramatisiert wurde. Alle Invasoren, denen keine schweren Verbrechen vor dem Angriff zur Last gelegt wurden, tauschte die kubanische Regierung 1963 gegen Medikamente und Nahrungsmittel aus und schickte sie in die USA zurück.
Eine Verkettung unglücklicher Umstände
Im Gegensatz zur späteren offiziellen Geschichtsschreibung waren die Revolutionäre um die Gebrüder Castro keineswegs von Anfang an überzeugte Kommunisten oder Marxisten. Ihre ursprünglichen Forderungen waren: Sturz des Diktators Batista, Wiedereinsetzung der Verfassung, freie Wahlen und Landreform. Aber bereits der damalige Vizepräsident der USA unter Eisenhower, der später zu notorischer Berühmtheit gelangte Richard Nixon, befürchtete nach der ersten und einzigen persönlichen Begegnung mit Fidel Castro kurz nach dem Triumph der Revolution im Jahre 1959, dass da ein die amerikanischen Interessen gefährdender Geselle an die Macht gekommen war. Die Enteignung auch von US-amerikanischen Ländereien auf Kuba, der Rauswurf der Mafia, die Havanna in eine Spielhölle und das Bordell der USA verwandelt hatte und vor allem die Verstaatlichung von US-Raffinerien, nachdem die sich geweigert hatten, sowjetisches Öl zu verarbeiten, bestärkte die US-Regierung in ihrem Verdacht, dass das kommunistische Lager hier vor der Nase der USA sozusagen einen Flugzeugträger installieren wolle.
Aber erst die verständliche Furcht vor einer neuerlichen Invasion trieb Kuba im Rahmen des damaligen Kalten Kriegs ins sowjetische Lager – und die Welt nur anderthalb Jahre später an den Rand eines Atomkriegs: in der Kubakrise vom Oktober 1962.
Viel mehr als eine militärische Niederlage
Die gescheiterte Invasion führte zu einer Solidarisierungswelle in der Dritten Welt mit der kleinen Insel, die der grössten imperialistischen Macht der Welt die Stirne geboten hatte. In vielen anderen lateinamerikanischen Staaten formierten sich Guerilla-Bewegungen nach kubanischem Vorbild, die ebenfalls von den USA unterstützte Diktatoren stürzen wollten. Die sowjetische Führung freute sich über einen neuen Bundesgenossen, der das Flair des Revolutionären in den grauen sozialistischen Alltag brachte. Und in Kuba konnte sich Fidel Castro einer Beliebtheit erfreuen, von der er bis zu seinem scheibchenweisen Abgang von der politischen Bühne ab dem Jahre 2006 zehrte. Die amerikanische Handelsblockade, die Furcht vor einer neuerlichen Invasion, die Fortsetzung von CIA-Sabotageaktionen und Mordplänen mit der berüchtigten Operation «Mongoose», alles auf dem Silbertablett gelieferte Entschuldigungen für die spätere eigene Unfähigkeit der Revolutionäre. Und Fidel Castro wurde vom bewunderten Guerillero zum Mythos mit einer Ausstrahlungskraft über die ganze Welt. Denn er hatte nicht nur einen Diktator von Gringos Gnaden verjagt, sondern die in ganz Lateinamerika verhassten USA in die Knie gezwungen.
Was bleibt bis heute?
Diverse Plakatte und ein Museum am Ort der Invasion erinnern auf Kuba an «die erste Niederlage des US-Imperialismus in Lateinamerika». Bis heute lecken sich die immer zahlreicher vom Alter dahingerafften Überlebenden Exilkubaner in Miami ihre Wunden. Einige von ihnen, verstärkt von jugendlichen Hitzköpfen, trainieren sogar noch in den Everglades für eine nächste Invasion, angeführt von Terrororganisationen wie «Alpha 66», geduldet von der US-Regierung. Aber auch auf Kuba sterben die alten Kämpfer weg, zwei Drittel der Bevölkerung wurde nach 1961 geboren und interessiert sich mehr für Modelabels und Turnschuhe aus den USA als für die revolutionären Erzählungen der Grossväter. Aber was bleibt, ist die glorreiche Erinnerung, dass im geschundenen Lateinamerika für ein Mal zweifellos das Gute über das Böse siegte. Daran soll auch der nicht zufällig auf diesen Zeitpunkt angesetzte Parteitag erinnern. Aber statt ruhmreichen militärischen Heldentaten sind heute mutige Schritte zur Beendigung der wirtschaftlichen Agonie gefragt. Und da versagen leider die alten Revolutionäre genauso wie ihre jüngeren Parteigänger.