Die Ex-Gouverneurin von Alaska gehört zu jener Spezies Mensch, die mit fast unbegrenztem Selbstbewusstsein gesegnet ist. Die Niederlage im Rennen um den Einzug ins Weisse Haus 2008, als „running mate“ von John McCain, hat sie anscheinend nicht im Mindesten beeindruckt - im Gegenteil.
Dass sie damals gegen Barack Obama und Joe Biden verlor, hat sie in ihrer Überzeugung bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein – vorwärts in die Vergangenheit, geradeaus ich Richtung in jenes mythischen Amerikas, wo das Sternenbanner noch unbefleckt im Wind der Gottgefälligkeit flattert. Wo die ganze Nation noch wie Alaska ist, abenteuerlich, erfinderisch und mutig, ein einig Land von Jägern, Fischern und Trappern.
Kann sein, dass die Medien Sarah Palin und ihre Familie nicht immer fair und ausgewogen behandelt haben. Kann ferner sein, dass die Kommentatoren ihr gegenüber mehr Häme als Abgeklärtheit haben walten lassen. Doch auch sie hielt sich beim verbalen Jiu Jitsu nie zurück. Derzeit hausiert sie mit dem Forderung, Barack Obama seines Amtes zu entheben, weil sich das Weisse Haus unzulässiger Geheimniskrämerei schuldig mache.
Und sie liess sich stets gut bezahlen für Auftritte in Medien, die ihr wohl gesinnt waren, so etwa der Sender TLC mit „Sarah Palin’s Alaska“ oder „The Sportman’s Channel“ mit „Amazing America with Sarah Palin“, wo sie zur „First Lady of the Outdoors“ avancierte, zum unbezähmbaren Naturmädchen par excellence.
Auch für Fox News tätig war sie gelegentlich tätig. Deren Präsident Roger Ailes hatte sie nach 2008 engagiert, „weil sie heiss war und Quoten brachte“ (AP), um sie später nach rhetorischen Entgleisungen unverblümt „Idiotin und „blöd“ („New York“) zu schimpfen.
Doch alles Ungemach hat nun sein Ende. Das Medienopfer mutiert zur Täterin. Sarah Palin lanciert im Netz ihren eigenen Fernsehkanal, um einerseits ungefiltert über den Stand der Nation berichten zu können und anderseits ganz Amerika am „Spass“ ihres Familienlebens teilhaben zu lassen. Das Paket kostet 9,95 Dollar im Monat oder 99,95 Dollar pro Jahr. Aktive Angehörige der US-Streitkräfte dürfen gratis zusehen. Ihr Kanal, sagt Palin, wolle mehr als nur Nachrichten senden. Ihr Ziel sei es, eine Gemeinschaft zu etablieren, die Ideen teile und die Aktualität diskutiere: „Und wir werden Lösungen finden.“
Kein Wunder, kommentieren auch Amerikas ungeliebte liberale Medien das neuste TV-Projekt aus Alaska. „Millionen bezahlen für die seltene Gelegenheit, Sarah Palin reden zu hören“, titelt Andy Borwowitz seine Kolumne in der Zeitschrift „New Yorker“.
Die Website für den neuen Kanal, so der Satiriker, sei am Eröffnungstag wiederholt abgestürzt, weil es sich Unmengen von Amerikanern nicht hätten entgehen lassen wollen, einen Blick auf die zurückgezogen lebende Frau zu erhaschen und ihre Meinungen zu hören.
Am Ende zitiert Andy Borowitz fiktive Medienexperten mit der Einschätzung, die atemberaubende Lancierung von Sarah Palins Fernsehen verheisse nur Gutes für den geplanten Videokanal einer andern Persönlichkeit, die sich nur selten in der Öffentlichkeit zeige – Donald Trump.