Russland, China, sogar Brasilien und die Türkei lehnten dankend ab. Die beiden letztgenannten Länder hatten vergangenes Jahr erfolglos versucht, im Atomstreit mit dem Iran zu vermitteln. Nicht auf der Einladungsliste standen die USA und die grossen westeuropäischen Staaten. Die Schweiz war eingeladen, liess sich aber entschuldigen. Die Rundreise auf Kosten der Gastgeber war allzu durchsichtig eine Propagandaschau ohne Erkenntnisgewinn.
Am Samstag bekamen die Besucher einen noch im Bau befindlichen Reaktor in Arak und an Sonntag die Uran-Anreicherungsanlagen in Natanz zu sehen. Der amtierende iranische Aussenminister Ali Akbar Salehi bezeichnete die Einladung der Diplomatengruppe als „eine Geste des guten Willens und der Transparenz des Irans“. Sie beweise die friedliche Natur der nuklearen Tätigkeiten seines Landes, sagte Salehi. Auf die strittigen Punkte ging er nicht ein.
Anreise mit Voranmeldung
Der Reaktor in Arak steht unter einem Bauverbot des Weltsicherheitsrats, denn er soll nach seiner Fertigstellung mit schwerem Wasser moderiert werden, das in einer nahe gelegenen Fabrik hergestellt wird. Dieses Verfahren erlaubt die Umwandlung von Uranbrennstäben in waffenfähiges Plutonium. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) hat keinen Zugang zu dieser Baustelle. Hingegen wird die Uran-Anreicherungsanlage in Natanz von der IAEO überwacht. Die Inspektoren dürfen aber nur mit Voranmeldung einreisen. Experten äussern den Verdacht, dass die Iraner einen Teil ihrer Aktivitäten vor der IAEO verbergen.
Der Grossteil der Teilnehmer an der Besuchstour waren Botschafter von Entwicklungsländern bei der IAEO. Sie wurden am Freitag mit einem iranischen Flugzeug in Wien abgeholt. Nukleartechnologisches Fachwissen besitzen diese Diplomaten keines. EU-Aussenministerin Catherine Ashton kritisierte die von Teheran organisierte Diplomatenreise: Anstelle von Laien sollten Inspektoren der IAEO feststellen können, ob das iranische Nuklearprogramm tatsächlich nur friedlichen Zwecken dient, erklärte sie.
Schon wieder eine "letzte Chance"
Das Datum der Einladung einer bunt zusammengewürfelten Diplomatengruppe war nicht zufällig gewählt worden. Kommendes Wochenende wird in Istanbul eine neue Runde der Verhandlungen zwischen der 5+1-Gruppe (USA, Russland, Frankreich, Grossbritannien, China und Deutschland) und dem Iran stattfinden. Dabei geht es um Transparenz und um Garantien, dass der Iran keine Atomwaffen entwickelt. Teheran ist diese Garantien bisher schuldig geblieben. Das letzte Treffen im Dezember in Genf hat keine greifbaren Ergebnisse gebracht. Wie vor jeder Runde behaupten die Iraner auch jetzt wieder, Istanbul sei die Begegnung der letzten Chance. Und sie versuchen, die Entwicklungsländer um sich zu scharen.
Nach Angaben der regierungsnahen Zeitung „Iran Daily“ wollen die iranischen Unterhändler in Istanbul die „überholten Konzepte von Vertrauensbildung und Transparenz“ durch eine „Zusammenarbeit“ ersetzen. Das klingt versöhnlich. Erfahrenenen Beobachtern ist jedoch klar, dass die Iraner damit die UNO-Sanktionen loswerden möchten, ohne die Anreicherung von Uran und die übrigen verdächtigen nuklearen Tätigkeiten zu stoppen.