Als Sohn eines der ersten Premierminister nach Malaysias Unabhängigkeit im Jahre 1961 ist Najib ein ‘princeling’. Von Beruf Sohn, hat er seinen Posten als Regierungschef Malaysias seinem Familiennamen zu verdanken. Weil sich Najib wohl für unangreifbar hält, liess er das Verschwinden von rund 4 Mrd. $ aus einem Staatsfonds für Entwicklungsprojekte zu. Davon flossen fast 700 Mio. auf sein persönliches Konto,, der Rest landete in den Taschen seiner Hofschranzen und offenbar auch in jenen arabischer ‘Geschäftsleute’ aus den Golfländern.
Aktion weisse Wäsche
Najib macht geltend, bei seinem Anteil handle es sich um ein persönliches Geschenk der saudischen Königsfamilie, um seinen letzten Wahlkampf zu finanzieren. Weil der Premier verschiedene Beamte und Politiker durch ihm ergebenen Gefolgsleute auswechselte, konnte er eine umfangreiche Weisswaschaktion starten, um die Geschenk-Behauptung - auf die eine saudische Antwort noch fehlt - zu erhärten. Dieses Manöver könnte wegen eines schweizerischen Rechthilfeersuchens scheitern.
Die Schweiz ist über ausländische Privatbanken und arabische Energiefirmen in Genf betroffen. Gehen die Kontobewegungen auf eine Straftat zurück, handelt es sich um Geldwäsche. Deshalb leitete die Bundesanwaltschaft vor geraumer Zeit ein Ermittlungsverfahren in der Schweiz ein und ersuchte ihren Gegenpart um Auskünfte und Beistand.. Für den malaysischen Generalstaatsanwalt ist dies ziemlich peinlich, gehört er doch mutmasslich zum Kern der erwähnten Weisswäscher.
Bewegte Innenpolitik
Die ziemlich unabhängige Antikorruptionsbehörde Malaysias hingegen, die augenscheinlich von Najibs Schranzen nicht unterwandert werden konnte, begrüsst den schweizerischen Vorstoss zur Verhinderung einer rein innermalaysischen Mauschelei . Im Land ist eine Zivilgesellschaft durchaus aktiv, die sich nicht ohne Weiteres mundtot machen lässt und ausländischen Beistand sehr schätzt. ähnliche juristische Abklärungen wie in der Schweiz laufen auch in den USA, in Singapur und Hongkong.
All dies spielt sich ab vor einem bewegten innenpolitischen Hintergrund. Die in Malaysia seit der Unabhängigkeit regierende UMNO Partei, der Najib gegenwärtig vorsteht, gewann die letzten Wahlen äussert knapp. Allerdings brach seither auch die Oppositionsfront auseinander, eine reine Zweckallianz aus konservativen islamischen Parteien und der politischen Interessenvertretung der grossen chinesischstämmigen Minderheit in Malaysia. Erstere fahren einen Kurs nahe bei jenem der Muslimbrüder in der arabischen Welt, die wiederum die erbittersten Gegner der Herrscher in Riad sind. Auf den raschen Blick wohnt deshalb dem angeblichen saudischen Privatgeschenk an Najib zur Wahlkampf-Finanzierung gegen eben diese Opposition eine gewisse Logik inne.
Viel steht auf dem Spiel
Najib ist aber nicht nur ein politisch schlauer Fuchs, sondern profitiert auch von der jetzigen strategischen Lage in Südostasien. Malaysia gilt traditionell als Land mit gemässigtem Islam, das zudem den religiösen und ethnischen Minderheiten eine relative Gleichberechtigung gewähr. Nur relativ, weil in der Verfassung Privilegien für die ‘Söhne der Erde’, also ausschliesslich islamische Malayen, festgeschrieben sind. Dessen ungeachtet wurde Malaysia bislang zu den Stützen im Kampf gegen den radikalen und terroristischen Islam gezählt, ebenso zu den westlichen Verbündeten im kontinentweiten Seilziehen der USA und Chinas um die wirtschaftspolitische Vormachtstellung. Obama honorierte dies kürzlich mit einem Besuch in Kuala Lumpur.
Wenn nun aber Najib durch innenpolitischen und zudem international unterstützten Druck Amt und Ansehen zu verlieren droht, ist ihm einiges zuzutrauen. So etwa, seine muslimischen Gegner rechts zu überholen mit einer auf der Sharia basierenden Gesetzgebung; dafür bestehen erste Anzeichen. Malaysia würde in eine Abwärtsspirale gezogen, die den dringend benötigten Kapital- und Knowhow-Zufluss von ausländischen, aber nichtarabischen Investoren behindern und die eigene Elite ins benachbarte Ausland abdrängen könnte. Bereits heute bauen sich chinesisch-malaysische Unternehmer routinemässig Rückfallpositionen auf in Safe Havens wie Singapur und Hongkong.
Es steht also viel auf dem Spiel. Dass die offizielle Schweiz dessen ungeachtet ihre rechtsstaatlichen Prinzipien auch international durchsetzen will, ist zwar selbstverständlich, verdient aber doch Beachtung. Selbstverständlich, weil es um den guten Ruf des Finanzplatzes Genf geht, beachtenswert, weil es einmal mehr den schroffen Gegensatz zeigt zwischen der imaginären Rütlischweiz der Nationalisten und der Realität der zur Sicherung des Wohlstandes international vernetzten Schweiz.