In «Der Geheimbund» verknüpft Daniel Silva sehr gekonnt einen Mordfall mit der belasteten Geschichte der Katholischen Kirche. Der von 1939 bis 1958 regierende Papst Pius XII. trägt keinen sonderlich positiven Ruf mit sich. Er war der Papst, der zum Holocaust geschwiegen hat und dessen Kirche es nach 1945 vielen deutschen Kriegsverbrechern ermöglicht hat, sich der Strafverfolgung durch Flucht nach Südamerika zu entziehen.
Mag sein, dass künftige Generationen milder über ihn urteilen werden, wenn etwa die im letzten Jahr bekannt gegebene Öffnung der seine Regierungszeit bereffenden vatikanischen Archiven neue Facetten dieses herrschaftlich-abgehobenen Kirchenführers zutage fördern. Von diesen anderen Facetten handelt etwa das 2015 erschienene Buch «Die Spione des Papstes» von Mark Riebling. Aber vorderhand bleibt das Bild von diesem Kirchenführer dunkel.
Der gründlich recherchierte Thriller «Der Geheimbund» von Daniel Silva knüpft an das von Pius XII. verantwortete Versagen der Katholischen Kirche an, und verbindet es mit dem rätselhaften Tod eines fiktiven Papstes, Paul VII.. Der segnet just an jenem Donnerstagabend das Zeitliche, da sein Privatsekretär bei einer ehemaligen Geliebten weilt. Als dieser Erzbischof Luigi Donati beim Verstorbenen eintrifft, kommt ihm einiges spanisch vor. Glücklicherweise ist Gabriel Allon gerade ferienhalber im Land, der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, der Paul VII. früher einmal das Leben gerettet hat – und an den der Papst kurz vor seinem Ableben einen Brief geschrieben hat.
Ein Netz politisch-religiöser Intrigen
Doch dieser Brief ist verschwunden. Er ist der Ausgangspunkt, von dem aus Daniel Silva virtuos ein Netz politisch-religiöser Intrigen spinnt, in das Luigi Donati und Gabriel Allon nun Schritt für Schritt eindringen. Rasch taucht die Vermutung auf, der Papst könnte ermordet worden sein. Er hat etwas Wichtiges entdeckt, und so führen die Ermittlungen tief in die Geheimnisse des Vatikan, das heisst in die Geschichte der Katholischen Kirche, zu deren Erblasten auch ein religiös grundierter Antisemitismus gehört.
Das muss Gabriel Allon etwas angehen, der hier sein zwanzigstes Abenteuer als Spion besteht. Und dabei auch auf einen Schweizer Geheimdienst-Kollegen zurückgreift. Denn ein spurlos verschwundener Schweizergardist legt die erste Spur, sie führt Allon zuallererst in die Schweiz, danach auf den Obersalzberg in Bayern und zuletzt nach Rom: dorthin, wo das Konklave tagt.
Daniel Silva: Der Geheimbund, Harper Collins, 2021