In Anspielung auf die Europäische Grenzsicherung „Frontex“ hat der Schriftsteller und Dramatiker Albert Ostermaier als Kurator dem diesjährigen Literaturfest München den Titel „Front:Text“ gegeben. Das ist mehr als ein Wortspiel. Denn es geht darum, die Geschichten derjenigen, die aus ihrer Heimat fliehen, zu hören. Wie anders will man denn diese Menschen verstehen? Das sei die Aufgabe der Literaten, so Ostermaier.
Einfacher und treffender kann man nicht sagen, was in unserer Zeit der schreienden Sprachlosigkeit aus Propaganda, Parolen und Vereinfachungen nötig ist. Ostermaier erinnert daran, dass die Sprache und in vornehmster Weise die Literatur dazu dienen, die Menschen in ihren Geschichten wahrzunehmen und dadurch „den Respekt vor dem anderen zu gewinnen“.
Literatur könne erweisen, was die Menschen bewegt, die zu uns kommen, sagte Albert Ostermeier in einem Gespräch mit 3sat-Kulturzeit. Im Hören ihrer Geschichten werden die für uns zunächst fremdartigen Menschen spürbar. Schriftsteller sollten, so Ostermaier, hierin ihre Aufgabe sehen. Denn sonst bleiben diese Menschen schemenhaft.
Wer die Nachrichten verfolgt und die zahllosen „Sondersendungen“ sieht, erlebt die Wiederkehr der Kriegsrhetorik, die wir längst überwunden geglaubt hatten. Wir sind die Guten, die Terroristen sind die Bösen. Natürlich werden wir siegen, weil wir die Besseren sind. Was denn sonst? - Die Flüchtlinge sind irgendwo dazwischen, schwer greifbar, möglicherweise gefährlich, in jedem Falle aber lästig – und uninteressant.
Und nun kommen Literaten und sagen: Hört denen doch erst einmal zu! Das ist eine Zumutung, aber ohne Zumutung gibt es keine Kultur und keine Menschlichkeit. Und am Ende auch keine politische Vernunft, ohne die eine offene und lebenswerte Gesellschaft nicht auskommt und auch den Terrorismus nicht besiegen wird.