Es ist offenkundig: Oswald Grübel wollte diese Krise durchstehen, die seine Risiko-Strategie der UBS eingebrockt hatte. Er erwartete dafür, dass sein Verwaltungsrat ihm das Vertrauen ausspricht und den Rücken stärkt. Aber da täuschte er sich natürlich im Banken-Kaspar Villiger. Umso länger die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen in Singapur dauerten, umso klarer wurde: Villiger laviert, taktiert und denkt wie immer nur an eins: an sich selbst.
Zwei Männer, zwei Welten
Da ist der kantige, direkte Investment-Banker Oswald Grübel. Multimillionär, raumgreifend, dominant und auf dem Ego-Trip: Er wollte in die Geschichte eingehen als der einzige Banker, der Chef der Credit Suisse und anschliessend der UBS war. Hat er geschafft. Leider mit der gleichen Strategie. Als er als strahlender Sieger bei der CS zurücktrat, musste die Bank im nächsten Jahr den grössten Multimilliarden-Verlust aller Zeiten bekannt geben. Sie hatte sich im Investment-Banking verzockt. Kein Grund für Grübel, es bei der UBS nicht nochmal zu probieren. 15 Milliarden Jahresgewinn als Ziel, Sanierung der am Abgrund stehenden Bank und Verbesserung des Aktienkurses als schöne Nebenwirkungen. Damit ist Grübel zum zweiten Mal restlos gescheitert. Und der Mann, der ihn holte, der alles abnickte, der in der Öffentlichkeit kaum auftauchte? Der als VR-Präsident die Verantwortung für die UBS-Strategie hat? Der lebt in einer anderen Welt.
Heuchler Villiger
Zunächst verweigerte Kaspar Villiger offensichtlich seinem CEO Grübel eine öffentliche Vertrauenserklärung. Dabei schloss er wohl von sich auf andere und nahm an, dass Grübel seine Drohung, dann zurückzutreten, schon nicht wahrmachen werde. Dann verabschiedete sich Grübel zum zweiten und letzten Mal auf den Golfplatz, und Villiger heuchelte öffentlich «Bedauern» über diesen Schritt. Dieses Verhalten reiht sich konsequent in eine lange Reihe von ähnlichen Ereignissen ein, als Stumpenfabrikant, als Bundesrat beim Swissair-Milliarden-Desaster, als VR und Mitglied des Risikoausschusses beim Swiss Re-Milliarden-Desaster und jetzt als VR-Präsident der UBS. Eigentlich unglaublich, wie geschmeidig dieser Tartuffe der Wirtschaft und der Politik alles übersteht.
Wird er auch das überleben?
Man kann mit Fug und Recht sagen: Wer Villiger in seinem Verwaltungsrat hat, braucht keine Feinde oder Konkurrenten mehr. Ich bin sicher, dass der CEO der CS, Brady Dougan, eine mögliche Kandidatur von Kaspar Villiger als VR (wieso denn eigentlich nicht?) als sofortigen Kündungsgrund sehen würde. Und während es lange Zeit so aussah, als ob Ossi Grübel seinen VR-Präsidenten in der Tasche habe, schalten und walten könne, wie es ihm beliebt, hat ihm Villiger in der ersten echten gemeinsamen Krise gezeigt, was ihm in einem solchen Moment wichtiger ist. Seinen CEO halten, ihm die Chance geben, die Bank aus der nächsten Krise zu führen, mal den Kopf aus dem Fenster strecken, Farbe bekennen, Engagement zeigen? Ach was, wegducken, in Deckung gehen, abwarten, bis die grössten Brocken vorbeigeflogen sind, dann den feuchten Finger in die Luft halten, um zu schauen, woher der Wind weht. Und das alles mit vermeintlich staatsmännischem Gelaber zugiessen, das ihm ja sowieso niemand mehr abnimmt. Arme UBS, der Steuermann geht, der Kapitän bleibt in der sicheren Kajüte.