Der jedes Jahr Anfang März in Paris stattfindened ‘Salon’, tatsächlich eine Landwirtschaftsmesse wie die Olma, aber mal zehn, vergibt jeweils Preise. Diese gehen an Nutztiere, an Obst- und Gemüsesorten sowie an Nutz- und Zierpflanzen.
Medaillen für Gaspard und Gertrude
Besonders eindrücklich gestaltet sich die Prämierung der verschiedenen Kuhrassen. Diese findet in einer Arena mit Hunderten von Zuschauern statt. Jeweils rund acht bis zehn Anwärterinnen (Milch- und Fleischkühe) und Anwärter (Stiere) werden zunächst dem Publikum präsentiert, dann von fachkundigen Richtern begutachtet und die Besten mit Medaillen ausgezeichnet.
Nur regionale Champions kommen überhaupt in die Pariser Kränze. Entsprechend sind die Sieger eigentliche Prachtsexemplare. Gaspard, dem 250 Kilogramm schweren Brocken von Stier möchte man nicht unbedingt auf freier Wiese mit einem roten Pulli bekleidet begegnen. Man glaubt aber dem Chefrichter aufs Wort, wenn er dessen künftige Fleischqualität lobt. Gertrude von der Rasse ‘Simmenthal France’ – vom Gesühn her eine entfernte Cousine einer ‘Blueme’ auf Berner Oberländer Weiden – sieht man ohne weiteres an, dass sie, wie vom Experten erläutert, dank hohem Becken, kräftigen Flanken und ideal plaziertem Euter Rekordmengen von Milch produziert.
Hollandaise-Huhn prämiert
Auch Hühner werden prämiert. Wie bei den anderen Gattungen wird dabei ein Champion aller Klassen, hier also ein Superhuhn, gekürt und mit dem ‘Prix du Président de la République’ ausgezeichnet. Dieses Jahr gewann ein Huhn der Rasse ‘Hollandaise’, eine seltene Gattung mit wirren Federschmuck ums oft geschüttelte Haupt.
Mit Absicht oder nicht, dieser erste Preis war mindestens ebenso politisch wie tierisch, was kaum einem der Zehntausende von Messebesuchern entging. Anlässlich unseres Besuches am Messesonntag bildeten sich Menschentrauben um den Käfig des Prachthuhns. Die meisten Kommentare galten indes François Hollande.
Abfuhr für Hollande und Sarkosy
Anlässlich der Saloneröffnung am Samstag, traditionell durch den von seinen Ministern begleiteten Präsidenten der Republik, war letzterem beschieden, was in den Medien als ‘der schlimmste Empfang des Ehrengastes seit Beginn des Salons’ bezeichnet wurde. ‘Démissionne, dégage!’ (tritt zurück, hau ab!), ‘fumier’ (wörtlich ‘Misthaufen’, hier in der Bedeutung windiger Schnorrer) waren die noch druckfähigen Zwischenrufe der zahlreichen Bauern in den Ausstellungshallen. Auch wenn das ländliche Frankreich normalerweise nicht sozialdemokratisch stimmt, so war doch das Verdikt dieser Art von Vorwahlen deutlich: Hollande wird von den Franzosen wohl keine zweite Amtszeit erhalten.
Nicht dass es seinem Rivalen viel besser gegangen wäre. Am Messemittwoch, traditionell der Opposition vorbehalten, wurde Hollands Vorgänger Sarkosy von einem ‘éleveur’ (Züchter) verbal hart angegangen. Mit schwarzem T-Shirt und weisser tonmalerischer Aufschrift ‘Les éleveurs meurent’ warf dieser dem ehemaligen Präsidenten und Kanditaten für die Wahlen 2017 vor, während den bürgerlichen fünf Jahren nichts für die tatsächlich darbenden Familienbetriebe in Frankreichs Landwirtschaft gemacht zu haben.
Juppé kneift
Besser in der verbalen Gunst der Messeteilnehmer schnitt offensichtlich Sarkosys ehemaliger Landwirtschaftsminister Bruno LeMaire ab, einer der parteiinternen Rivalen von ‘Sarko’. Der momentan als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat auf bürgerlicher Seite gehandelte Alain Juppé liess sich am ‘Salon’ nicht sehen. Mit seinem etwas grandseigneuralen Aussehen und Gehabe war dies allenfalls eine durchaus richtige Entscheidung.
‘Wahl’ also via Zustimmungsbarometer an der Landwirtschaftsschau? Richtige Primärwahlen nach amerikanischem Modell werden in Frankreich im Herbst stattfinden. ‘Le Salon’ war keine davon. Der Vergleich mit dem sogenannten ‘Schönheitswettbewerb’ im Bundesstaat Iowa – ein typischer Agrarstaat – wo jeweils die amerikanischen Präsidentschaftswahlen eingeläutet werden, darf aber durchaus gezogen werden.