Stammen viele der Hamas-Waffen aus israelischen Beständen? Wurden Drohungen der Hamas von Israel in den Wind geschlagen?
Der Nahe Osten ist immer für Überraschungen gut. Die Medien, die sich mit ihm beschäftigen, wissen dies seit langem und sind auf der Hut. Selbst in einer Zeit, in der der Gaza-Krieg Israels gegen die Hamas wütet – und das inzwischen seit bald vier Monaten. Da wird über Opfer auf beiden Seiten berichtet, über israelische Geiseln in den Händen der Hamas, diplomatische Bemühungen des Auslandes, Waffenruhe zu ermöglichen und wie die Welt darauf reagiert. Und es werden – von Libanon über Syrien, den Persischen Golf und Jemen – Thesen aufgestellt, wer wohl dahintersteckt. Die Antwort war bisher eindeutig: Wer sonst als Iran? Das Teheraner Mullah-Regime, das seit Jahren die Gegner Israels propagandistisch und auch mit Waffen und Bewaffneten unterstützt? Und das keine Gelegenheit auslässt, Israel und die USA zu verteufeln und ein Ende des jüdischen Staates fordert.
Und nun dies: Die iranische Tageszeitung «Hamshari» («Mitbürger») berichtet, dass Iran keineswegs hinter all dem stecke, sondern dass die Hamas so intelligent sei, diese Waffen selbst zu bauen. Und zwar zu einem beträchtlichen Teil aus israelischen Waffen und Waffenteilen, die man in den letzten zwanzig und mehr Jahren nach israelischen Angriffen im Gazastreifen gefunden habe. Aus diesen Teilen und auch aus nicht explodiertem Sprengstoff habe die Hamas sich dann ihr Kriegswerkzeug gebastelt – bis hin zu den Raketen, mit deren Beschiessung israelischer Städte Gaza immer wieder aufs Neue zum Schauplatz israelischer Vergeltungsangriffe wurde. Aber nicht nur das: Man habe auch bei Einbrüchen in israelischen Militärlagern Waffen und Munition gestohlen. Israelische Waffen zum Schutz gegen israelische Angriffe …
Hatte Hamas Israel mit Gewalt gedroht?
So etwas in einer iranischen Tageszeitung zu sehen, ist sicher eine unerwartete Erfahrung. Und dann auch noch das Zitat iranischer Politiker, ihr Land sei für die Eskalation in und um Gaza keineswegs verantwortlich. «Hamshari» zitierte für seinen Aufmacher die «New York Times» – eine Zeitung, die sonst in Teheran nicht gerade zur Beweisführung herangezogen wird. Schon gar nicht, wenn es um die eigene Sache geht.
Inzwischen ziehen die Medien in anderen Ländern nach, zitieren freilich nur die NYT und stellen auch noch keine Prognosen auf, was diese Veröffentlichung für Folgen haben dürfte: «Hamshari» berichtet nämlich auch noch, dass der mörderische Angriff der Hamas auf israelische Zivilisten und deren Dörfer am 7. Oktober letzten Jahres gar nicht überraschend kommen konnte, denn die Hamas habe Israel in den letzten Jahren angeblich wiederholt mit Gewalt gedroht, wenn es die Absperrung und Verbarrikadierung des Gazastreifens aufrechterhalte.
Genau dies aber hat Israels rechtsextreme Regierung unter Benjamin Netanjahu getan. Nach dem 7. Oktober etwa tat sie, als wisse sie nichts von Warnungen israelischer Grenz-Beobachterinnen und erst recht nicht von wiederholten Drohungen der Hamas. Netanjahu ist tagtäglich konfrontiert mit Forderungen israelischer Bürger nach Neuwahlen und seiner Ablösung. Die «Waffen der Hamas» dürften das ihre dazu betragen.