Ereignisse wie der Papstbesuch in Kuba und den USA oder Putins militärisch-diplomatisches Doppelspiel um Syrien liefern mehr und stärkere Bilder. Sie sind auch leichter zu erklären und verstehen als das facettenreiche Schattenspiel zwischen Beijing und Washington, wo Grautöne dominieren.
Kräftig schwarz-weiss gemalt hat der Papst: gegen Armut, Raubtierkapitalismus und Ungleichheit; für Toleranz und Offenheit – offensichtlich mit Ausnahmen bei Ehe und Sexualität – in den Beziehungen zwischen Menschen jeder Herkunft und religiösen Überzeugung.
Schwarz-weiss fällt auch die Bewertung dessen aus, was Putin mit seiner militärischen Überrumplungsaktion in Syrien bezweckt. Der rachsüchtige KGB-Nostalgiker im Kreml will offenbar um jeden Preis verhindern, dass die USA und der Westen generell im altsowjetischen Klientenstaat des Assad-Klans Einfluss gewinnen. Interessant zu sehen wird sein, ob und wie Obama auf diese längerfristig für Russland wohl kontraproduktive Herausforderung reagiert.
Seilziehen zwischen den Supermächten
Nicht kurzfristige taktische Vorteile, sondern globale Strategie steht auf dem Spiel im Verhältnis zwischen China und den USA. Dabei geht es nicht darum, auf die Kosten des anderen kurzfristig zu punkten. Beide haben das begriffen, Xi ist kein Putin und Obama noch viel weniger ein Donald Trump. Indes werfen Gelegenheiten wie der Besuch des chinesischen Präsidenten in den USA ein Schlaglicht auf das intensive Seilziehen zwischen den beiden einzigen Supermächten.
Völlig stimmt dieses Bild nicht; mitunter ziehen beide am selben Seilende. So mit Bezug auf die Umwelt, wo Obama in einem Jahrhundertproblem bleibende historische Meriten anstrebt und Xi allein schon angesichts der entsprechenden Probleme zuhause gar nicht anders kann. Mit dem grundsätzlichen Einvernehmen der beiden grössten Schadstoffproduzenten zur Dringlichkeit des Luftverschmutzungsproblems und den Instrumenten zu seiner Bekämpfung ist ein wichtiger Schritt erfolgt zum besseren Gelingen der bevorstehenden Weltklimakonferenz in Paris.
Anders fällt das Gipfelresultat aus mit Blick auf asiatische Sicherheitspolitik. Dort stehen sich Beijings Bemühen, das südchinesische Meer als Mare nostrum zu besetzten einerseits und die Rolle der USA als sicherheitspolitischer Anker für Ost- und Südostasien andererseits unversöhnlich gegenüber. Daran hat das Treffen der beiden Präsidenten grundsätzlich nichts geändert. Doch sogar hier ist ein technischer Fortschritt zu verzeichnen, da ein bilaterales Abkommen über die Vermeidung von gefährlichen Zwischenfällen von Luft- und Seestreitkräften endgültig bereinigt werden konnte.
Cyberwar war der dritte zentrale Diskussionspunkt. Die von beiden Seiten explizit signalisierte Zustimmung zu einer im Rahmen der UNO ausgehandelten globalen Übereinkunft – keine Angriffe auf zentrale digitale Netzwerke anderer Staaten wie Telephon, Erzeugung und Verteilung von Energie, Bankverbindungen etc. – schlägt positiv zu Buche. Skepsis ist jedoch angesagt angesichts andauernder und umfassender Wirtschaftsspionage durch offizielle chinesische Hacker.
Freiheit und Kontrolle im Cyberspace
Digitale Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT), ständig weiter getrieben durch Innovation aus dem Privatsektor, bleibt ja überall auf der Welt eine grosse Herausforderung für den öffentlichen Sektor. Das staatspolitisch richtige Gleichgewicht zwischen Freiheit – Zugang zu Information und Entfaltung des Einzelnen – auf der einen Seite und Zwang – Schutz der Gesellschaft vor kriminellem und terroristischem Missbrauch von ICT – auf der anderen Seite ist auch in den demokratisch-freiheitlichen Ländern noch nicht gefunden.
Wie eine Episode während des Besuches zeigte, stellt das autoritäre politische System China gerade hier vor wohl unlösbare Probleme. Präsident Xi traf sich auch mit IT-Grössen aus dem Silicon Valley. Was ist von dem Bild zu halten, welches personifizierte chinesische Staatsmacht, den Präsidenten und seinen Zensur-Zar, beim Handschlag mit Mark Zuckerberg zeigt? Dessen Facebook ist bekanntlich in China verboten; die entsprechende Technologie aber möchte Beijing nutzen können.
Ob es allerdings dauerhaft machbar ist, unter einem Zensurdeckel technologische Innovation zu fördern und gleichzeitig die mit den Sozialmedien einhergehende Individualisierung zu verhindern, erscheint sehr fraglich. Vielleicht liegt ja in dieser auf die Dauer nicht zu unterdrückenden Einsicht das langfristig wichtigste Ergebnis des Besuches von Xi in den USA.