Vor einem Jahr trat der Kunstsammler Mario Matasci, unterstützt von viel Tessiner Prominenz, gegen das Vorhaben an, das Museum Epper in Ascona dem benachbarten Hotel Eden Roc einzuverleiben. 1500 Leute aus nah und fern unterschrieben seinen Protest. Jüngst ist die Kontroverse in der Tessiner Presse neu entflammt.
Geänderte Stiftungsstatuten
Doch zu retten gibt es wenig, wie sich zeigt. Der Stiftungsrat hat die Statuten so geändert, dass die Sammlung von Ignaz und Mischa Epper nicht mehr an die bisherige Adresse des Museums an der Via Albarelle 14 gebunden ist. Die Ostschweizer Aufsicht über die klassischen Stiftungen hat die Entkoppelung am 20. Dezember 2019 genehmigt.
Damit sei der Stiftungsrat nun tatsächlich befugt, das Werk des Ehepaars Epper vom Ort seines einstigen Wirkens wegzuzügeln, bestätigt Stefan Stumpf, Direktor der Aufsichtsbehörde, auf Anfrage. So viel er wisse, sei das Haus an der Via Albarelle 14 denn auch bereits verkauft, auch wenn ihm die Handänderung schriftlich noch nicht vorliege, sagt Stumpf.
Glück und Tragik des Künstlerpaars Epper
Der St. Galler Ignaz Epper zählt zu den bedeutenden Schweizer Expressionisten. Seine Gattin Mischa, eine Adelige aus den Niederlanden, war Bildhauerin. Mit einem Zustupf von Mischas Vater konnten die beiden 1938 die Villetta an der Asconeser Riviera erwerben. Hinter den Mauern des idyllischen Anwesens verbrachten sie glückliche und schöpferische Jahre.
Ignaz Epper war indes nicht nur ein hochtalentierter Holzschneider und Maler, sondern auch ein innerlich zerrissener Mensch. Im Januar 1969 zündete er sich in einem Moment äusserster Verzweiflung im eigenen Garten an. In diesem Garten voll mediterraner Pracht liegt das Paar bis heute begraben.
Karl-Heinz Kipp, der Gründer der Tschuggen Hotel Group, zu der auch das Eden Roc gehört, hatte sich allerdings schon 1997 angestrengt, die einstige Liegenschaft der Eppers zu erwerben. Mit seinem Plan, auf dem begehrten Areal Parkplätze zu errichten, blitzte Kipp beim damaligen Stiftungsrat ab. Inzwischen wird der Eppersche Stiftungsrat von Maurizio Checchi präsidiert, der als Bankier und Vizebürgermeister von Ascona einige Macht auf sich vereint. Mit ihm sollen Kipps Erben mittlerweile handelseinig geworden sein. Früheren Verlautbarungen zufolge dürften sie das teuer erstandene Künstlerhaus bald in eine Art Event Location für ihre Gäste umwandeln.
Quersubventionierung nicht erlaubt
Die Rechnung des Stiftungsratspräsidenten geht damit zumindest teilweise auf. Die Millionen, die der Deal mit der Tschuggen Hotel Group der von ihm betreuten Stiftung einbringt, wird Checchi in Räumlichkeiten im alten Kern von Ascona transferieren, die schon heute die Stiftung von Rolf Gérard beherbergen. Dort soll fortan auch das Werk der Eppers konserviert und ausgestellt werden.
Die Epper-Stiftung darbe, die Stiftung von Gérard darbe ebenfalls, klagte Checchi im vergangenen Sommer am Tessiner Fernsehen. Vom Verkauf des Gebäudes an der Via Albarelle 14 und der Zusammenlegung der zwei Stiftungen an einem Ort könnten beide Institutionen profitieren. Man träfe quasi «zwei Fliegen mit einer Klappe», schwärmte der Mann, der auch im Stiftungsrat der Stiftung Gérard sitzt.
Diesen Punkt relativiert Stumpf. Durch die Zusammenlegung an einem Ort ergäben sich wohl Synergien, eine Quersubventionierung zwischen den beiden Stiftungen sei jedoch nicht gestattet, präzisiert der Jurist, der die Aufsichtsbehörde leitet. «Jede Seite muss getrennt abrechnen, Mieten und andere Ausgaben dürfen auch in Zukunft nicht vermischt werden, darüber werden wir streng wachen», versichert Stumpf.
Einwände von Grossneffen
In den Streit um das Museum Epper mischten sich im vergangenen Sommer auch zwei Grossneffen der Stiftungsgründerin Mischa Epper. Serge Lunin, Dozent an der Zürcher Hochschule für Künste, und Patrick Straumann, Filmkritiker in Paris, wiesen die regionale Stiftungsaufsicht darauf hin, dass eine Trennung von Haus und Werk der Eppers «in flagrantem Widerspruch zur Stiftungsurkunde» und damit zum letzten Willen ihrer Grosstante stehe.
Den Widerspruch leugnet Stumpf nicht. «Doch was hätten wir tun sollen?», fragt er. Zu den Unterlagen, die seine Behörde prüfte, habe das Gutachten eines unabhängigen Architekturbüros gehört. Die Experten hätten für die Gebäulichkeiten an der Via Albarelle 14 einen Sanierungsbedarf von mindestens einer Million Franken ausgewiesen.
Alles Makulatur?
Dem Museum seien derweil keine 50’000 Franken mehr geblieben. Das hätte nirgends hingereicht, sagt Stumpf. «Die Wahrung der Einheit von Haus und Werk des Ehepaars wäre sicher der Idealfall gewesen. Zuallererst gebietet uns die Stiftung aber, das künstlerische Vermächtnis von Ignaz und Mischa Epper zu bewahren und einem möglichst grossen Publikum zu erschliessen. Einen gangbaren Weg dazu hat uns der Stiftungsrat mit einleuchtenden Argumenten aufgezeigt. Darum hatten wir nichts einzuwenden gegen die Statutenänderung, mit der Haus und Werk der Eppers nun getrennt werden.»
Dem Kunstsammler Matasci verschlägt die Nachricht zunächst die Sprache. Noch am 16. April hatte er in der Zeitung «LaRegione» an die Asconeser Bevölkerung appelliert, sich tatkräftig für den Erhalt des Museums Epper einzusetzen. Es könnte dort ein für Einheimische wie für Touristen attraktives Zentrum des Schweizer Expressionismus aufgebaut werden, hatte er argumentiert. «Das ist jetzt alles Makulatur», stellt er fest.