Die Hofberichterstatter der Medien pflegen über die Bankette akribisch zu berichten, von der Liste der geladenen Gäste über das Menu bis hin zu den üppigen Roben der Damen.
„Das Staatsbankett am Mittwochabend für den chinesischen Präsidenten Hu Jintao war eine Version dessen, was die internationale Diplomatie als gutes Benehmen einstuft“ schrieb die „Washington Post“ in ihrem Bericht über das Event: „schöne Wendungen, überparteilicher Patriotismus und kaum ein Wort zu jenen unbequemen Themen, die eine Party stören würden (obwohl etliche eingefleischte Demonstranten vor dem Weissen Haus die ankommenden Gäste begrüssten).“
Was die beiden Völker eint
Das Thema des Abends, so die “Post“, war „ur-amerikanisch, mit einer eleganten Verneigung in Richtung chinesischer Kultur“. Amerikanisch war auch das Essen: frisches Biogemüse, Hummer aus Maine, Rib-Eye Steak und zum Dessert Apfelkuchen mit Eis. Und die musikalische Unterhaltung im East Room war ebenfalls Eigengewächs: Jazz, unter anderen gespielt von Herbie Hancock.
225 Gäste – ein Bruchteil jener, die gerne gekommen wären - waren geladen: Politiker, Geschäftsleute, Prominente aus Kultur und Sport, unter ihnen die Sängerin Barbara Streisand. Sie meinte schnippisch, sie sei wohl dabei, weil sie einst in einem chinesischen Restaurant gearbeitet habe. Definitiv nicht auf der Gästeliste standen Tarik und Michaele Salahi, jenes überambitiöse Ehepaar, das im vergangenen Jahr, ohne Einladung und unentdeckt vom Sicherheitsapparat, plötzlich beim Staatsbankett zu Ehren des indischen Präsidenten aufgetaucht war. Dafür war Ex-Präsident Bill Clinton da, als Begleiter der Aussenministerin, und auch Jimmy Carter und Gattin Carter waren geladen. Die Teilnahme an einem Staatsbankett, da nicht käuflich, gilt in den USA als eines der erstrebenswertesten Statussymbole.
„Während es leicht ist, auf die Unterschiede zwischen unseren Kulturen und Wahrnehmungen zu fokussieren“, sagte Präsident Barack Obama in seiner Tischrede, „lasst uns nicht vergessen, was unsere beiden Völker eint: die Verehrung der Familie, der Glaube, dass wir die Zukunft selbst bestimmen können, wenn wir uns nur gut bilden, hart arbeiten und Opfer bringen; und am stärksten der Wunsch, unseren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen.“
Reduziertes Leasing für die Pandas
Unter Gelächter und Applaus teilte Barack Obama mit, der National Zoo in Washington DC habe sich mit China darauf geeinigt, die beiden von Peking geleasten Riesenpandas für weitere fünf Jahre zu beherbergen. Die beiden Tiere, der 13-jährige Tian Tian und die die 12-jährige Mei Xiang, erfreuen sich seit zehn Jahren immenser Beliebtheit, obwohl sie innert dieser Frist erst einmal Nachwuchs gezeugt haben. Was in Amerikas Hauptstadt schon beinahe als diplomatischer Affront interpretiert werden könnte. Statt eine Million Dollar wie bisher wird der National Zoo pro Jahr künftig nur noch 500 000 Dollar Leasing-Gebühr für die beiden Pandas zahlen. Das Geld verwenden die Chinesen für ein Tierschutzprogramm.
„In den vergangenen Jahren, besonders aber in den zwei Jahren, seit Präsident Obama im Amt ist, haben die chinesisch-amerikanischen Beziehungen Fortschritte gemacht, dank gemeinsamer Bemühungen beider Seiten“, sagte Präsident Hu Jintao während des Staatsbanketts: „Ich bin zuversichtlich, dass eine chinesisch-amerikanische Partnerschaft dank gemeinsamer Anstrengungen viele Früchte zum Nutzen unserer beiden Völker tragen und zur Umsetzung der vornehmen Anliegen des Weltfriedens und der Entwicklung beitragen wird.“
Indes hatte Harry Reid, der demokratische Mehrheitsführer im Senat, noch tags zuvor in einem Fernsehinterview den chinesischen Präsidenten einen „Diktator“ geschimpft, ein Vorwurf, den der Politiker später murrend zurücknahm: „Vielleicht hätte ich nicht Diktator sagen sollen, aber sie (die Chinesen) haben eine völlig andere Regierungsform als wir, und das ist eine Untertreibung.“ Auf jeden Fall war der gesprächige Senator aus Nevada trotzdem zum Staatbankett geladen.
Fukuyama gibt keine Ruhe
Zum Thema äusserte sich auch der amerikanische Politologe Francis Fukuyama, der zu Beginn der 90er Jahre in einem viel beachteten Essay, nicht ganz zutreffend, „das Ende der Geschichte“ vorausgesagt hatte. Der Titel seines Meinungsbeitrags in der „Financial Times“: „US-Demokratie kann China nur wenig lehren“. Das amerikanische System der Gewaltenteilung, so Fukuyama, habe zwar die Freiheit des Individuums und einen florierenden Privatsektor garantiert, sei inzwischen aber „polarisiert und ideologisch verhärtet“: „In Amerika hat die Demokratie eine althergebrachte Legitimation, wie sie dem chinesischen System fehlt, aber sie dürfte künftig kaum mehr als Vorbild dienen, falls die Regierung unter sich zerstritten bleibt und weiterhin nicht regieren kann.“ Noch 1989 hätten chinesische Studenten während der Unruhen auf dem Tiananmen-Platz in Peking eine Kopie der Freiheitsstatue als Symbol ihrer Aspirationen errichtet. Ob sie das auch heute noch tun würden, sei fraglich.
Unbestätigt blieb nach dem Staatsbankett im Weissen Haus indes ein Tweet, den die satirische Zeitung „The Onion“ im Netz verbreitete: „Der chinesische Präsident Hu Jinato zahlt für das Staatsbankett, während Präsident Obama auf der Toilette ist.“ Schon zuvor hatte sich „The Onion“, eher undiplomatisch, des Staatsbesuchs angenommen: „Chinas Regierung besorgt wegen neuem Virus, das Dissidente gegen Schlagstöcke immun macht“.