Egal, dass die Industrie unter dem starken Franken ächzt und sich landauf landab KMU-Chefs fragen, wie sie die notwendige Produktivitätssteigerung erreichen sollen. Das kümmert die Agro-Lobby einen Deut. Sie haben gelernt die hohle Hand zu machen, ihr Brauch-tum als Leitfaden der Budgetdebatten im Bundesbern zu institutionalisieren. Wir brauchen dies. Wir brauchen das. Bern zahlt; den Steuern der Firmen sei Dank. Die Bauern können sich auf dem Ofenbänkli räkeln, die Unternehmer müssen rackern.
Kein Wunder, dass sich andere Branchen unsere Agro-Abzocker zum Vorbild nehmen. Die Tourismusbranche zum Beispiel. So meinte hotelleriesuisse CEO Christoph Juen in der Bilanz vom 11. Dezember kürzlich: „Wir brauchen einen Eurokurs der sich oberhalb der auch für den Hotelgast wichtigen psychologischen Grenze von 1.10 befindet. Dafür muss die Nationalbank sorgen.“
Ein Brauch-tum-Träumer mehr, der sich nur überlegt, was er und seine Klientel braucht – mit welchem Schaden das für den Rest der Wirtschaft verbunden ist, kümmert keinen Deut.
Da bleibt zum Sparen nichts
Wir brauchen dies. Wir brauchen das. Das neue Brauch-tum blüht.
Und weil es so gut funktioniert übt sich auch das Parlament im Brauch-tum. Landauf landab werden trotz guter Wirtschaftslage Budgets überschritten, obwohl es zum Grundlagenwissen der Ökonomie gehört, dass die wirksamen wirtschaftspolitischen Massnahmen eines Keynes in einer Rezession nur dann funktionieren, wenn sich die Politiker in den fetten Jahren beherrschen konnten und Reserven anlegten. Tun sie aber nicht. Ihre Klientel braucht dies und braucht das, da bleibt zum Sparen nichts.
Politiker und Sparen, das ist wie Feuer und Wasser. Deshalb haben die Politiker auch keine Kontrolle über das „Geld machen“. Diese Funktion wurde einer unabhängigen Nationalbank übergeben, welche nicht auf das Brauch-tum der Politiker schielt sondern auf die Bedürfnisse einer gesunden Volkswirtschaft. Diese geniale Idee sollte man auch auf das „Schulden machen“ ausweiten. Auch hier müsste eine unabhängige Institution darüber wachen, dass Schulden machen und Sparen antizyklisch zum Wohle der gesamten Volkswirtschaft eingesetzt werden. Es wäre eine sinnvolle Barriere gegen die ausufernde Anspruchshaltung und Abzockermentalität vieler Politiker, die ohne Rücksicht auf das Gesamtwohl des Staates, ihrer Klientel Vorteile zuschanzen.
Unabhängige Instanz
Diese Instanz würde die Parlamente in guten Jahren dazu verpflichten weniger als die Einnahmen auszugeben, um in schlechten Jahren auf die angehäuften Reserven zurückgreifen zu können. So einfach wäre das. Seit Keynes weiss man, dass es so einfach wäre. Nur haben es die Politiker bis heute nicht geschafft es umzusetzen.
Eine solche Institution, welche nichts anderes als jedes Jahr vorgibt, ob Budgets eine Sparquote oder eine Reserve-Auflösungsquote aufweisen, garantiert zwar immer noch nicht, dass Parlamentarier das Budget intelligent einsetzen. Institutionell lösen könnte man aber die Tatsache, dass Politiker nur noch entscheiden, für was sie das Geld der Steuerzahler ausgeben, aber nicht mehr, wie viel sie davon ausgeben. Denn die unabhängige Instanz würde emotionslos und unabhängig ermitteln, ob die Wirtschaftslage rote oder schwarze Budgets erfordert… oder um den Kreis zu schliessen, wie viel von den Politikern beim Abzocker-Braucht-tum verpulvert werden kann.