Es war kein Durchbruch. Das sagte US-Delegationsleiter Bosworth nach den Gesprächen.Die USA und Nordkorea brauchten mehr Zeit und mehr Diskussionen, um eine ausreichende Übereinstimmung für die Wiederaufnahme aktiver bilateraler Verhandlungen und der Sechs-Parteien-Konferenz zu erreichen.
Teilnehmer der seit zwei Jahren unterbrochen Sechser-Konferenz in Peking sind Nord- und Südkorea, die USA, China, Russland und Japan. Offizielles Ziel ist, die "koreanische Halbinsel von Atomwaffen befreien". Das von wirtschaftlichem Zerfall und einer chronischen Hungersnot bedrohte Regime in Pjöngjang drängt jetzt auf eine Wiederbelebung der Konferenz. Machthaber Kim Jong Il erklärte sich diese Woche bei einem Treffen mit dem chinesischen Vize-Ministerpräsidenten Li Keqiang zu weiteren Verhandlungen bereit, ohne allerdings das Haupthindernis, nämlich das nordkoreanische Atomwaffenprogramm, zu erwähnen.
Nordkoreanischer Zickzackkurs
Der Zickzackkurs Nordkoreas füllt Bände. Auf eine "Sonnenscheinpolitik" folgten militärische Provokationen, die hart am Krieg vorbeischrammten. Mal traten die Nordkoreaner dem Atomwaffensperrvertrag bei, mal traten sie wieder aus. Sie gelobten den Verzicht auf Atomwaffen und liessen Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) ins Land, um später die IAEO wieder auszuladen und sich als Atomwaffenstaat zu outen.
Westliche Diplomaten sehen in dem Spiel mit der Bombe eine Art von Lebensversicherung des letzten stalinistischen Regimes der Welt. Wenn die völlig isolierte nordkoreanische Führung tatsächlich die Entwicklung von Atomsprengsätzen und deren Trägerwaffen einstellen würde, hätte sie keinen Hebel mehr für die Durchsetzung von Forderungen.
1994 meinte man, einen Modus vivendi gefunden zu haben. Nach zähen Verhandlungen einigten sich die USA und Nordkorea in Genf auf ein Paket, das die Zerstörung des einst nach sowjetischen Plänen gebauten Atomkraftwerks Yonbyon vorsah. Dieser Schwerwassereaktor sonderte nämlich Plutonium ab, das zur Herstellung von Kernsprengsätzen diente. Als Gegenleistung sicherten die USA Nordkorea den Bau von zwei modernen Leichtwasserreaktoren zu. Zur Überbrückung der Energieengpässe versprachen die USA die Lieferung von Erdöl.
Bush schubladisiert einen Vertrag von Clinton
Damals regierte Präsident Bill Clinton in Washington. Sein Nachfolger George W. Bush wollte das Regime in Pjöngjang nicht unterstützen, sondern stürzen. Er stornierte den Vertrag. Bush musste aber bald einsehen, dass die Konfrontation mit Nordkorea keinen Erfolg versprach. Unter seiner Amtszeit begannen 2003 die Sechser-Gespräche in Peking. Zwei Jahre später wurde ein Abkommen paraphiert, das stark dem 1994 von Clinton ausgehandelten Deal glich. Die fünf Verhandlungspartner sicherten Nordkorea die Lieferung von einer Million Tonnen Erdöl zu.
Kurz darauf wurde die Reaktoranlage Yonbyon unter IAEO-Kontrolle abgewrackt. Doch 2009 zogen sich die Nordkoreaner aus den Sechser-Verhandlungen zurück. Als Gründe gaben sie die Verurteilung ihrer Raketentests durch den Weltsicherheitsrat und die Behinderung ihres Handels an. Gleichzeitig wies Nordkorea die Inspektoren der IAEO aus und zündete demonstrativ zum zweiten Mal einen nuklearen Sprengsatz.
Der Bruch des Abkommens von 2005 war gewiss keine spontane Reaktion Pjöngjangs auf eine Resolution des Sicherheitsrats der UNO. Westliche Geheimdienste haben in Erfahrung gebracht, dass die Nordkoreaner bedeutende Mengen von aufbereitetem Plutonium horten, mit dem sechs bis acht Atombomben hergestellt werden könnten. Ausserdem bauten sie eine geheime Uran-Anreicherungsanlage.
Ein Viertel der Nordkoreaner leidet an Unterernährung
Grenzen werden dem nordkoreanischen Regime durch die katastrophale Wirtschaftslage des Landes gesetzt. Vergangene Woche weilte die für humanitäre Hilfe zuständige UNO-Untergeneralsekretärin Valerie Amos fünf Tage in Nordkorea. Sie stellte fest, dass rund sechs Millionen Menschen - mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung - an schwerer Unterernährung leiden. Die UNO hat ihre Mitgliedsstaaten aufgefordert, 218 Millionen Dollar für Dringlichkeitshilfe zu spenden. Amos warnte die Regierungen davor, die Lieferung von Nahrungsmitteln "mit der politischen Agenda zu verknüpfen".
Jetzt stellen aber die Amerikaner Bedingungen für die Wiederaufnahme der Sechser-Verhandlungen. Nordkorea müsse zuvor seine im Jahre 2005 eingegangenen Verpflichtungen erfüllen und die Resolutionen 1718 und 1874 des Weltsicherheitsrats achten, erklärte US-Sprecher Mark Toner in Genf. Washington erwarte von der Regierung in Pjöngjang "konkrete Schritte in Richtung auf Entnuklearisierung".