Die moderne Titanic namens UBS ist eine Fehlkonstruktion. Sie wurde 1998 aus der SBG und dem SBV zusammengenagelt. Drangeschweisst wurden auch noch die Investmentbanken Warburg Dillon Read, PaineWebber und Teile von Donaldson, Lufkin & Jenrette. Hemdsärmelige und skrupellose Zockerei und biederes Schweizer Banking. Hier ruhige Extraprofite durch Schwarzgeldbunker, Diktatoren- und Blutgelder. Dort Superboni nach der Devise: Gier ist gut. Keine andere Bank auf der Welt musste seither eine derartige Reihe von Verlusten, Strafzahlungen und Verurteilungen wegen illegaler Geschäftspraktiken hinnehmen. Schon kurz nach der Fusion musste die UBS einen Abschreiber von über 700 Millionen Dollar bekanntgeben: Sie hatte an das Kartenhaus des ersten Superfonds Long Term Capital Management (LTCM) geglaubt.
Eine unvollständige Aufzählung
Im August 2008 musste die UBS eine Busse von 150 Millionen und Schadenersatz in der Höhe von 19,4 Milliarden Dollar zahlen. Die UBS hatte sogenannte Auction Rated Securities noch verkauft, als der Markt schon zusammengebrochen war. Die 780 Millionenbusse wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung von US-Bürgern ist bekannt, weitere Milliardenklagen im Zusammenhang mit der Finanzkrise 1 sind hängig. Auch beim Ablasshandel mit Deutschland, Frankreich, Italien, England, Indien, China und so weiter kommen Forderungen in Milliardenhöhe auf die UBS zu, weitere Klagen wegen älteren Derivatebasteleien, ebenfalls in Milliardenhöhe, sind hängig. Natürlich wird vor allem in den USA schnell mal eine Milliardenklage eingereicht, die sich dann in nichts auflöst oder auf ein paar Millionen zusammenschrumpft. Aber die «New York Times» bringt das Problem der UBS im Titel eines aktuellen Artikels auf den Punkt: «At UBS, It’s the Culture That’s rogue». Bei der UBS ist die ganze Kultur schurkisch.
Mehrere Systemprobleme
Natürlich stellt die alte und neue Führung der UBS den 2,3-Milliarden-Verlust eines Händlers als kriminelle Handlung eines Einzeltäters dar. Verständlich, aber viel zu kurz gegriffen. Selbst wenn es so wäre: Offensichtlich haben alle Risikokontrollen der UBS versagt. Obwohl vor zweieinhalb Jahren die neue Führung Grübel/Villiger mit der klaren Ansage angetreten war, dass in erster Linie Risiken heruntergefahren und besser kontrolliert werden müssen. Zweitens stellt sich die Frage, da ja keine Kundengelder betroffen seien, wieso die UBS weiterhin wagemutigen Eigenhandel betreibt, der Milliardengewinne, aber eben auch grauenhafte Verluste einfahren kann. Drittens war die klare Ansage von Oswald Grübel, schweigend abgenickt vom Verwaltungsrat der Bank, dass 15 Milliarden Jahresgewinn erreicht werden sollen. Ein solcher Profit bei einem real minimalen Eigenkapital beinhaltet immer das Risiko eines Totalschadens in gleicher Höhe. Die Bank wäre wieder blank.
Silodenken, Gier und Unkultur
Offensichtlich ist es der Bank und der längeren Reihe von CEOs, die seit der Fusion kamen und gingen, nicht gelungen, die verschiedenen Bestandteile, aus der sie besteht, organisatorisch, logistisch, IT-mässig und was das Controlling betrifft, zusammenzuführen. Ein Händler im «Delta One»-Desk in London, ein gieriger Investmentbanker in New York oder Hongkong, ein Private Banker in Zürich oder Miami: verschiedene Welten, Mentalitäten, Ziele, Verhaltensweisen. Und hinter der Fassade von traditionellem Schweizer Banking, dem üblichen Blabla in «Code of Ethics», «Corporate Social Responsibility» und wie dieser orwellsche Doublespeak im modernen Banglisch auch immer heisst, gedeiht weiter eine Unkultur: Wir sind angeschlagen, wir mussten vom Staat vor dem Abgrund gerettet werden, also geben wir Vollgas. Oder nochmals modern formuliert: no risk, no fun. Dass so das nächste Desaster droht, ist ja eine Binsenweisheit.
Keine Alternative erkennbar
Es ist offenkundig: Der Ausflug in die Zockerabteilung des Investmentbankings hat der UBS nur Multimilliardenverluste gebracht, die mit Multimilliardenboni vergoldet wurden. Also läge es ja auf der Hand, sich davon zu trennen und als weltweit einzige Bank wieder aufzuerstehen, die reine Vermögensverwaltung und sinnvolles Investmentbanking, also Firmenzusammenschlüsse und Börsengänge, betreibt. Sicher wie das Matterhorn, stabile, solide Schweizer Tradition, bestes Know-how, basierend auf dem Schweizerfranken, der pickelhart wie Gotthardgranit ist. Keine absurden Boni mehr, aber auch keine absurden Verlustgeschäfte. Wäre eine Alternative, wenn die UBS nicht, wie mindestens neun weitere Schweizer Banken auch, in Ablasshändel in Multimilliardenhöhe wegen Schwarzgeldsünden aus der Vergangenheit verwickelt wäre. Auf jeden Fall bräuchte es einen Kulturwandel, eine Neuausrichtung. Aber was sagt der Interims-CEO Sergio Ermotti, von Haus aus Investmentbanker? Nun, alles kann weiterlaufen wie zuvor, inklusive «Delta One», wobei: «Vor zwei Tagen haben wir entdeckt, dass wir völlig inakzeptable operationelle Risiken haben.» Vor zwei Tagen? Um Himmels willen, der Mann macht uns Angst von Anfang an.